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    „RATING AKUT“ – Eine Aufputschspritze fürs Publikum

     

    artbild_350_RATING_AKUTIm Renitenztheater  trat eine Eminenz des deutschen Politkabaretts auf. Arnulf Rating, ehemals gehörte er zu den „3 Tornados“. Und ein politischer Tornado ist er bis heute geblieben. Gnadenlos schießt er seine Pfeile auf alles, was in dieser Republik antidemokratisch bis reaktionär. Sehr gerne arbeitet er mit den Titelseiten der Zeitungen, die er satirisch kommentiert und Schlagzeile für Schlagzeile zu einer lebendigen, aktuellen Nummer verknüpft. Das Publikum geht begeistert mit. Außerdem schlüpft er in mehrere ausgezeichnete Rollen, die sein Programm  abwechselungsreich machen. Es ist schon verblüffend, wie Rating sich vom Anarcho-Kabarettisten der 70er und 80er - mit Themen wie Hausbesetzungen, Satiren auf die Weihnachtsgeschichte (Was den „Tornados“ 4 Jahre Fernsehverbot brachte), Kampf gegen Berufsverbote und Atomkraftwerke - im aufrechten Gang bis zu seinem heutigen Politkabarett, das super „AKUT“ ist, entwickelt hat. Und „RATING AKUT“ heißt auch der Titel!

     

    Theaterhaus Stuttgart: Eine Gruppe aus Essen, die immer wieder im Theaterhaus mit all ihren Programmen auftritt, ist die Gruppe „FAMILIE FLÖZ“. Der Name ist den Kohlenflözen im Pott entlehnt. Alles gelernte Pantomimen von der Folkwang Hochschule. Faszinierend, wie man ohne Worte mit ausgefallenen Masken solche fantastischen Abende inszenieren kann. Diesmal spielten sie ihr Stück „TEATRO DELUSIO“. Ein Stück, in dem sich fast alles hinter der Bühne abspielt.  Während man vorne stolz spielt oder sich den Applaus abholt, wird hinter der Bühne bis aufs Messer gekämpft und gestritten. Da ist Schadenfreude beim Publikum angesagt, wenn einer der Figuren der anderen ins Gesicht oder in die Weichteile tritt. Erstaunlicherweise sind die Lacher nie stärker als an solchen Stellen, zu mindestens beim Publikum im Süden der Republik. Hier werden Theater und ihre Kunsttempel als Ganzes seziert, es geht nicht nur um den Gegensatz zwischen Vorder- und Hinterbühne, es werden auch die üblichen Intrigen vom Bühnenarbeiteiter bis zum Intriganten, äh Intendanten mit Lust und Spaß dargestellt. Da wird gefochten, geliebt und geschmachtet. Und der Wunsch der drei Bühnenarbeiter, auch mal im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu agieren, scheint in Erfüllung zu gehen.  Die Flözmitglieder geben auch immer wieder Kurse in Flözlingen, wozu sie von dem Theaterpädagogen und Ex-Impresario und Gründer der LAG BW eingeladen werden. Wer „Familie Flöz“ noch nicht gesehen hat, dem kann man nur empfehlen, sich eines ihrer Programme anzuschauen.

     

    Ebenfalls immer wieder im Theaterhaus. Die A Capella Gruppe „Füenf“. Sie feierten im letzten Jahr ihr 20. Jubiläum und haben grade eine neue CD herausgebracht,

    „5 Engel für Charlie“, die sie im September im Theaterhaus vorstellten. Viele selbstgeschriebene Nummern, was nicht unbedingt bei solchen Gruppen das Übliche ist, aber auch satirische Songs, die nur aus deutschen Schlagerschnipseln bestehen. Natürlich gab es auch in den 20 Jahren den einen oder anderen Personalwechsel. Wenn ich es recht verstanden hab, ist der Benjamin der Gruppe zum Zeitpunkt der Gründung stolze 13 Jahre alt gewesen. Die Gruppe hat auch einen Hit: „Wir im Süden“. Auf den sind die Schwaben genauso stolz wie die Amerikaner auf „This land ist your Land“ von Woody Guthrie oder die Leute in den „Fünf Neuen Ländern“ auf die Gruppe „Nieman“ und ihren ironischen Hit „Im Osten“.

    artbild_200_LafrenzLast but not least im gleichen Haus: Bernd Lafrenz - „Theater König Alfons“, der in den 34 Jahren seiner Bühnenkarriere 10 Shakespeare Programme für sich für sein Solo erarbeitet hat. Das ist witzig, immer wieder überraschend. Er fällt  dann und wann wieder kurz aus der Rolle, redet mit dem Publikum. Ironische Einfälle scheinen ihm niemals auszugehen. Außerdem hat er ein Buch herausgegeben, in dem seine Arbeit mit Shakespearestoffen interessant dargestellt wird: Yvonne Jäckel. „Bernd Lafrenz. Mit Shakespeare unterwegs“. BoD – Books on Demand GmbH, 2016. Lafrenz (Bild: als König Lear) hat im Duo angefangen, nach einigen Jahren ausschließlich solistisch weitergemacht und landet mit einem Nebenprojekt zum Thema „Shakespeare“ im Trio vielleicht wieder bei seinen Anfängen. Der Kreis scheint sich für den experimentierfreudigen Künstler zu schließen.
     

    Im Oktober wird hier Sigi Gall, bekannt durch ihre Truppe „Backblech“, wieder ihr erstes Soloprogramm aufführen. Eine Comedy Pop Achterbahn mit dem Titel „Entspannung steigt“. Vielfältige Themen, unterschiedlichste künstlerische Mittel sind ihr Markenzeichen. Man darf gespannt sein!

    Esslingen. Als Randbemerkung möchte ich noch das „4 PEH“, eine Studenten- und Künstlerkneipe neben der ehemaligen  PH in Esslingen, erwähnen. Hier spielte die Soul- und Funk-Gruppe Second Sun, eine elfköpfige Gruppe, die es auch seit über 30 Jahren gibt. Statt drei Leuten an den Mikrophonen war es diesmal allein der Sänger Simon Fetzer, der die begeisterten Oldies zu Tanzen animierte. Oldies? Ja, das Lokalist 44 Jahre alt, von 1977 bis Mitte der 80er gab es dort regelmäßig Kabarett, gestaltet von der Hausgruppe, den „Galgenstricken, und Gästen. Seit langem liegt der Schwerpunkt auf Musik . Größen wie Bill Ramsey mit seinem Jazzprogramm traten dort auf. Da die Unigebäude abgerissen werden, ist auch das „4 Peh“, das im Innern immer noch aussieht wie in den Mittsiebzigern, in großer Gefahr, abgerissen zu werden. Eine Initiative versucht diesen Frevel zu verhindern.

    Die eben erwähnten Galgenstricke in Esslingen, die Mitte der Achtziger in einem „Essigkeller“ ihr eigenes Domizil gefunden haben, machen für die Spielzeit 2016-17 ein Update ihres Programms  „Zum Schießen“! Scharfe Politsatiren von Erich Koslowski gibt es auch in seinen beiden Soloprogrammen „Hanuta-Anarchist“ und „Bettnäss Wellness“.

    Das Jazz Open in Stuttgart auf dem historischen Schlossplatz war in diesem jahr noch größer, noch spektakulärer, noch mehr Zuschauer als in den Jahren davor. Immer schon haben hier die Größen aus Jazz und Pop gespielt, von Paul Simon, Curtis Stiggers, Marianne Faithfull, Salomon Burke, Stevie Winwood über „Blood, Sweat & Tears“ zu Chicago;  und in diesem Jahr nicht nur zum zweiten Mal Van Morrison, sondern auch Santana und David Gilmour, mit eigenen Stücken und den Hits aus seiner „Pink Floyd“-Zeit.

    Van Morrison zieht die Zuschauer von der ersten Minute an in seinen Bann. Die musikalische Leitung hatte  der Keyboarder Paul Morgan, der außerdem perfekt Trompete spielt. Van, der ehemalige Sänger der Gruppe „Them“, spielt neben seinen Hits wie „In The Garden“ auch die bekannten Songs aus der Sechziger Jahren wie „Baby Please Don`t Go“ oder „Here Comes The Night“. Ansagen macht der Mann mit Hut und Sonnenbrille so gut wie keine, ähnlich wie Dylan. Zwischendurch greift er zum Saxophon oder zur Mundharmonika. Für die Zuschauer war dieser Auftritt ein Höhepunkt und einer der emotionalsten Momente auf diesem Jazzfestival.


    Redaktion: Bruno Schollenbruch




    Termine:

     

    Renitenztheater:

    22.10.16: Andreas Rebers: Rebers muß man mögen

    25.10.16:
    Thomas Freitag: Europa - der Kreisverkehr ...

    28.10.16:
    Tobias Mann: Jubiläumsprogramm - Das Beste aus... 

    30.10.16:
    Christian Ehring: Keine weiteren Fragen


    09.11.16:
    Claus von Wagner: Theorie der feinen Menschen 

    11.11.16: Mathias Riechling: Riechling spielt Riechling

    27.11.16: Atze Schröder: Hautnah 


    29.12.16: Hans Scheibner: Wer nimmt Oma? Scheibners Weihnacht 

     

    2016-10-03 | Nr. 92 | Weitere Artikel von: Bruno Schollenbruch