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    Alte Witze und echte Typen



    Es gibt Situationen, in denen muss man einfach lachen. Und manchmal muss man sogar noch grinsen, wenn man schon im Bett liegt und eigentlich schon lange hätte einschlafen sollen. Dann grinst man und grinst – kann einfach nicht aufhören, sich zu amüsieren. Und manchmal schämt man sich sogar ein wenig dafür, weil man nämlich lachen musste über etwas, worüber man eigentlich gar nicht lachen darf.

    Das geht vielen Menschen so, wenn sie einen Abend mit Mark’n’Simon verbracht haben. Die zwei Musikkomiker sind eigentlich viel zu albern, um sich an dieser Stelle ernsthaft mit ihnen auseinander setzen zu können. Sie sind eigentlich viel zu kindisch, um zum Thema einer Erwachsenenzeitschrift zu werden. Und sie sind viel zu schrill, um ernst genommen zu werden. Vieles, was die beiden auf der Bühne erzählen, hat man eigentlich schon zu oft gehört, um noch darüber lachen zu können. Und dennoch passiert es. Die zwei Komiker, die sich vor 25 Jahren in München zusammengetan haben, sind immer noch in der Lage, beinahe jeden Saal zum Kochen zu bringen. Und manchmal reicht schon eine dämliche Brille oder ein idiotisches Gesicht, und das Publikum kann sich nicht mehr halten. Mark’n’Simon, die irischstämmigen Folkkomiker, sind in dieser Hinsicht wahre Genies, Genies der Blödheit, echte Komiker, einfach lustig. Im Theater bei Heppel und Ettlich haben sie ihr Vierteljahrhundert gefeiert. Und auch von dieser Stelle aus verneigen wir uns und gratulieren – und wundern uns weiter, warum wir immer wieder lachen müssen bei den Zoten, die die beiden reißen.

    Für derartigen Unsinn hätte Sigi Zimmerschied sicherlich wenig Verständnis. Er thematisiert seit Jahr und Tag in seinen Stücken, dass die Programme der werten Kollegen zu wenig Tiefgang hätten; dass man Kabarett nicht aus Karrieregründen spielen dürfe, sondern einzig und allein der Sache wegen; und dass man nur auf die Bühne gehen solle, wenn man auch etwas zu sagen habe. Jetzt hat er wieder ein neues Werk vorgelegt und ist zur Überraschung aller Zuschauer im Fraunhofer an den Tisch zurückgekehrt. Jahrelang hatte der Urpassauer auf einem Wirtshausstuhl hinter einem quadratischen Holztisch sitzend zum Publikum gesprochen – und war so zum Klassiker des bayerischen Kabaretts aufgestiegen. Dann ist er aufgestanden, hat seine Stücke als Minitheater inszeniert. Jetzt kehrt er also hinter den Holztisch zurück und nach Passau, wo der Titelheld seines neuen Stücks herkommt, der „Scheißhaussepp“. Josef Lana betreibt ein öffentliches Klohäusl und kennt die Ärsche seiner Kunden ganz genau, er kennt aber auch die Probleme, die einem Kleinunternehmer wie ihm zu schaffen machen. Er kämpft mit hohen Schulden und mit der Bürokratie. Die Sachbearbeiter finden das so witzig, dass sie ihn als Gaudimaschine für den Amtsflur engagieren. Abmachung: Wenn er bei seinen Zuhörern Lachfaktor 120 auslöst, dann werden ihm die Stromkosten für seine Bedürfnisanstalt erlassen. Und da ist sie wieder, jene Wut auf die Kollegen, die sich so lange verkaufen, bis sie nichts mehr zu sagen haben.

    Noch lange nicht alles gesagt hat Helmut Schleich, der Münchner Lokalmatador mit der großen Fangemeinde. Auch er hat ein neues Programm vorgestellt. Und wieder einmal waren alle begeistert von dem Gesichtsbodybuilder. „Mutanfall – ein Angsthase schießt zurück“ heißt das neue Solo von Helmut Schleich. Der scheint zunächst gar nicht da zu sein. Es hat sich einer auf die Bühne geschlichen, ein Max, der behauptet, er sei gekommen, um den verhinderten Schleich zu ersetzen. Er holt ein Witzebuch aus der Plastiktüte – und versucht sich in der Kunst der Unterhaltung. Improvisation pur wird da vorgespielt, und gleich zu Beginn ein erstes Angstgespenst herbeigeredet, das Lampenfieber. Und während das Publikum immer noch den armen Max vor Augen hat, sind schon so viele Leute über die Bühne gerannt, dass man sie kaum zählen kann. Helmut Schleich, der Erfinder des modernen Typenkabaretts, zeigt es seinem Publikum so richtig. Ein Typ nach dem anderen erscheint auf der Bühne und sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Angstmacher Ferdinand Flügel ist ebenso erschreckend echt (dass man sich nur mit Lachen vor ihm retten kann) wie der Prototyp des holländischen Entertainers oder jener merkwürdig phlegmatische Typ, der behauptet, im Theater zu wohnen, und der nach seiner Giftschlange sucht, die ihm ausgekommen ist. Und Helmut Schleich? Den gibt es diesmal so gut wie gar nicht. Diesmal gibt es nur Typen – und was für welche! Echte-Leute-Kabarett vom Feinsten. In der Lach- und Schießgesellschaft, wo Schleich die Typen vorgestellt hat, sollen die Wirte immer noch nach einer Schlange suchen.

    Co-Autor des Programms von Helmut Schleich war wieder einmal der legendäre Ex-Valtorta-Kopf Alexander Liegl. Der hatte sich, mit Ausnahme seiner Auftritte im Hausensemble des Lustspielhauses, eigentlich von der Bühne ferngehalten. Jetzt hat er es einfach nicht mehr ausgehalten. Zusammen mit Michael Altinger hat er ein Abendprogramm zusammengeschraubt. Und – wie könnte es anders ein – es wird lehrreiches Kabarett geboten. Schon der Titel klingt wie eine Weisheit eines großen Zen-Meisters aus dem Reich der Mitte: „Tote zählen keine Schafe“.  

    Redaktion: Andreas Rüttenauer

    Agentur Olivia Reinecke

     AdNr:1089 

    2005-06-15 | Nr. 47 | Weitere Artikel von: Andreas Rüttenauer