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    Auslese

    Der Herbst hat nicht nur guten Wein gebracht, sondern auch sehr viele Premieren. Anfang Oktober präsentierte Andreas Vitasek sein Programm „My Generation“. Wie der Titel schon vermuten lässt, reflektiert Vitasek, der im Mai seinen 50. Geburtstag feierte, seine Generation und stellt sich dabei Fragen wie: „Was ist das für eine Generation zwischen Post 68 und Postbörsengang, zwischen Arena-Besetzung und Donauinselfest? Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten?“ Zu sehen im Wiener Theater im Rabenhof, auch noch im Jänner. Zeitgleich präsentierte Gunkl sein neues Opus „Wir – schwierig“. Auch das achte Soloprogramm von Günther Paal – den wir in der Begleitband von Alfred Dorfers Programmen ebenso finden wie in Dorfers Donnerstalk, der satirischen Sendung des ORF, wo Paal neben seiner musikalischen Tätigkeit auch als Dr. Paal, „Spezialist für eh alles“, in Erscheinung tritt – also auch das achte Programm des Philosophen unter den Kabarettisten ist kopflastig und wortgewaltig. Aufmerksam sollte man seinem Vortrag folgen, der nie in die Niederungen der Politik abgleitet. „Das Hirn will ja denken“, sagt Gunkl zu Beginn und fordert das Publikum damit auf, dem Hirn dazu Möglichkeiten zu geben. Mitdenken können Sie auch im März und April in der Lach- und Schießgesellschaft in München. Leo Lukas hat nach seiner Kabarett-Trilogie ein neues Programm und ein neues Thema: „Bei guter Führung lebenslänglich“. Er behandelt darin Politik, Wirtschaft, Grundsicherung, Arbeit, Soziales, Recht und Ungerechtigkeiten und gedenkt liebevoll seines Großvaters, der Bergarbeiter und Gewerkschaftsmitglied war. Wie würde dieser auf den BAWAG/Gewerkschaftsskandal reagieren und was würde er über die Verantwortlichen denken? Musikalisch, eigenartig, manchmal ein wenig absurd, interaktiv – Leo Lukas eben. Dazu gibt’s auch eine sehr empfehlenswerte CD zum Nach- und immer wieder hören (erhältlich unter: www.knowme.at). Empfehlenswert ist auch das Best-of-Programm von Mike Supancic „Auslese“, das vor allem köstliche Musikparodien der letzten Jahre enthält. Empfehlenswert für Supancic selber wäre vielleicht ein Regisseur, der ihm dramaturgisch und bei den Überleitungen unter die Arme greift. Wiederaufgelegt hat Andrea Händler ihr erstes Soloprogramm, das aus dem Jahr 1995 stammt. „Diskret. Eine Peep-Show“ ist genau das, was der Titel vermuten lässt. Es ist unter der Gürtellinie angesiedelt, aber gleitet nie ins Vulgäre ab. Joesi Prokopetz präsentiert einen ereignisreichen Abend über den real nicht existierenden Individualismus unter dem Titel „Ansichten eines Klons“. Prokopetz ist aber nicht nur als Kabarettist bekannt, sondern er schrieb und schreibt auch viele erfolgreiche Austropop-Nummern, wie z. B. „Da Hofa“ oder „Es lebe der Zentralfriedhof“, interpretiert von Wolfgang Ambros, oder Texte für und mit Wilfried. Mit Manfred Tauchen erschuf er das musikalische Projekt DÖF, die Deutsch-Österreichische Freundschaft. Unter dem Motto „Wir spielen, solange Sie wollen!“ tourt nun seit 1997 eine jährlich neu zusammengesetzte Formation „Die Lange Nacht des Kabaretts“ durch die Lande. Meist vier Kabarettisten spielen sowohl aus ihren jeweils aktuellen Programmen als auch eigens geschriebene gemeinsame Nummern. Vier zum Preis von einem, ein wahrhaftes Schnäppchen. Waren die letzten Jahre durch gut zusammen gespielte Formationen gekennzeichnet, so ist die aktuelle Auflage leider ein wenig inhomogen. Hervorzuheben sind Thomas Stipsits und Pepi Hopf, der auch die Problematik des Kabarettistendaseins und Überlebenskampfes als solche anspricht. Er fürchtet sich vor Kabarettisten aus Billiglohnländern wie Deutschland, die immer mehr unser Land zu überschwemmen drohen. Diese deutschen Kabarettisten würden zu Dumpingpreisen spielen und das sogar „länger als Sie wollen“. Der erst 17-jährige Clemens Maria Schreiner, Gewinner bedeutender Nachwuchspreise, präsentierte sein zweites Programm „UNzensiert“ auf der Kleinkunstbühne Hin & Wider im Grazer Theatercafé. Nun, er hat Bühnenpräsenz, er hat ein sehr dichtes Programm, aber: Die Texte scheinen nicht authentisch. Es werden Themen behandelt, die nicht unbedingt altersadäquat sind, sondern einen Autor vermuten lassen, der eine Generation älter ist. Und man stellt sich daher unwillkürlich die Frage: Wer greift da in die Themenwahl und die Ausformung ein? Nichtsdestotrotz: Ein großes Talent! I Stangl reflektiert in seinem neuen Programm „Wer kriecht, stolpert nicht“ u. a. über sein Publikum bzw. über das Kabarettpublikum im Allgemeinen, das dabei nicht immer gut wegkommt. Zu sehen am 7. Februar 2007 beim 25. MOTZART Kabarett- und Kleinkunstfestival, das vom 1. bis 10. in der ARGEkultur in Salzburg stattfindet. Es ist eines der bedeutendsten Festivals Österreichs, gekennzeichnet gleichermaßen von Kontinuität wie Qualität. Wenn man sich die Namen der bislang Mitwirkenden ansieht, dann liest sich die Liste wie das Who’s who des deutschsprachigen Kabaretts: Matthias Beltz, Sarah Camp, Ottfried Fischer, Andreas Giebel, Urban Priol, Severin Groebner, Otto Grünmandl, Josef Hader, Dieter Hildebrandt, Franz Hohler, Hanns Dieter Hüsch, Bruno Jonas, Dietrich Kittner, Georg Kreisler, Leo Lukas, Miki Malör, Thomas Maurer, MISSFITS, Lukas Resetarits, Ernst Stankovski, Helen Vita, Andreas Vitasek oder Sigi Zimmerschied. Der Organisator Christian Wallner geht bei der Programmplanung seit Jahren einen konsequenten Weg, bietet für Salzburg Neues und Unbekanntes, aber immer auf sehr hohem Niveau. Das Publikum dankt es durch regen Besuch und lässt sich gern auf Produktionen ein, die nicht unbedingt aus dem Fernsehen bekannt sein müssen. So kommen zum 25. MOTZART-Festival Michael Quast und Philipp Mosetter (1.2.), Luise Kinseher (2.2.), Andreas Rebers (3.3.), Gunkl (5.2.), Werner Koczwara (6.2.), Piano Paul (8.2.), Martina Schwarzmann (10.2.) sowie Georg Schramm mit seinem aktuellen Kleinkunstprogramm „Thomas Bernhard hätte geschossen“ (9.2.).

    Redaktion: Iris Fink

     

    2006-12-15 | Nr. 53 | Weitere Artikel von: Iris Fink