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    Bis zum Abwinken: Varieté in Backnang und Stuttgart


     

    Begeisterte Zuschauer beim Finale des 3. Backnanger Open-Air-Varietés 2007. Maxim und Valentin überzeugten als Duo Krims mit kraftvoller und dennoch harmonischer Partnerakrobatik. Maxim Kriger präsentierte eine waghalsige RolaRola in großer Höhe über den Zuschauern. Lena Köhn und Tobias Grün zeigten mit Diabolos und weißen Bällen solo und gemeinsam mit Keulen eine elegante Choreographie ihrer bemerkenswerten Tricks, die sie in drei Auftritten zu einem traumhaft schönen Tanz verbanden. Ein Höhepunkt des Sommer-Varietes war auch Herr Fröhlich alias Arno Margraf, der in seiner Sprechweise stark an Felix Gaudo erinnert. Er hatte aus seinem große Repertoire zahlreiche weitere Nummern beigesteuert: als roten Faden teilweise äußerst skurrile Musikinstrumente, z.B. eine akkordeonähnliche Anordnung verschiedenster Elektrorasierer, auf denen er „god shave the Queen“ intonierte, oder die fast vergessenen, vor einigen Jahren überall zum Verkauf angebotenen, beim Schwingen tönenden Plastikschläuche, die er wie ein Ballettröckchen um die Taille trug und die ihn zu einer Variante von „Pina Schlauchs Wuppertaler Tanztheater“ inspirierten, oder seine virtuose Jonglage zweier Tischtennisbälle mit dem Mund, die dazwischen im Rhythmus der Musik auf einer Gitarre als Resonanzkörper auftrafen. Oder seine Gedichte, darunter eine Hommage an Backnang, die teilweise ebenso skurril waren wie seine Instrumente, und die irgendwo zwischen Heinz Erhardt und Friedhelm Kändler einen ganz eigenen Charme versprühten! Wir freuen uns bereits jetzt auf die vierte Auflage 2008.

    Im Stuttgarter Friedrichsbauvarieté indes, wo in den vergangenen Sommern der Schwerpunkt auf Musikalischem gelegen hatte, gab es in diesem Jahr ein Wiedersehen mit Comedy-Darstellern, die alle bewiesen, daß sie auch ohne die Mithilfe von Akrobaten selbst abendfüllende Programme gestalten können, die dem Namen „Varieté“ alle Ehre machen. Das waren mit Heimvorteil Topas und Helge Thun, die unter dem Titel „Die zersägte Jungsau“ neben Comedy-Auftritten mit und ohne Zaubertricks der Kunst des Stegreif-Zauberns mit vom Publikum beigesteuerten Requisiten frönten Ebenfalls Heimvorteil genossen die Zauber- und Comedy-Brüder Gernot und Wolfram Bohnenberger, die mit ihrem bauchredenden Hamburger Gast Andreas Römer unter dem Titel „Locker bleiben!“ als „Junge, Junge und der Römer“ und als Träger des Baden-Württembergischen Kleinkunstpreises auftraten. Nur der Inder Sanjay Shihora, der einst mit Torte im Gesicht immer wieder eindringlich fragte „Is this Comedy?“ und so im Gedächtnis seiner Stuttgarter Fans blieb, lässt diesmal die Torten-Nummer weg und bietet zusammen mit seiner deutschen Frau Svenja Shihora und einigen Kollegen fast ein komplettes Theaterstück, das vom Casting für eine deutsch-indische Film-Gemeinschaftsproduktion handelt. Natürlich findet sich das Publikum in der Rolle potentieller Casting-Kandidaten wieder, stellte dann aber bald erleichtert fest, daß Regisseurin Wenders (Svenja Shihora, Wiedersehen mit ihrem Mülltonnen-Can-Can), die schwäbische Produzentin Hellenwein (Franziska Traub mit Comedy à la Rosemie Warth), Regieassistentin Nicole Gerstner (Kontorsion) und die mitgebrachten Kandidaten Oliver Groszer (Tempo-Jonglage) und Volker Maria Meier (Ballon, Jonglage) so viel Varieté vom Feinsten zu bieten hatten, daß ich das äußerst vergnügliche und abwechslungsreiche Casting ganz entspannt genießen ließ, auch dann noch, als sich Sanjay selbst relativ spät noch als Rosenverkäufer in den Gang der Handlung einbrachte.

    Für mich persönlich und ganz subjektiv betrachtet war aber die sehr leise Soloshow von Peter Shub der Höhepunkt der Gastspiele im Friedrichsbau. Dabei machte er eigentlich nichts anderes als das, was er auch als roter Faden im letzten „großen“ Programm vor den Sommer-Intermezzi gemacht hatte (sh. Trottoir 55/07, Seite 42), alles nur etwas ausführlicher. Nur die Schlußnummer bzw. das Finale funktioniert auf diese Art wohl nur am Ende eines Soloabends und nur nach einem Live-Auftritt: Peter Shub winkt seinem Publikum zum Abschied zu. Solange geklatscht wird, winkt er. Er winkt auch weiter, wenn die Intensität des Beifalls allmählich nachläßt. Wenn das Klatschen schließlich aussetzt, verschwindet er hinter dem Vorhang, greift aber sofort jedes Nachklatschen wieder auf und beginnt erneut zu winken. Und so weiter. Eigentlich erstaunlich, daß ich an diesem Abend doch noch nach Hause gekommen bin.

     

    Redaktion: Manfred Hilsenbeck

     

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    Vorschau:

    In Stuttgart: bis 27.10. „Lollipop, Rendesvouz mit den 50er und 60er Jahren“ (Stuttgarter Adaption eines Berliner Winergarten-Programms mit Max Nix und Willi Widder Nix)

    Ab 02.11. „Schöne Männer -  starke Frauen“

    In Backnang: ab 23.11. „5.Backnanger Weihnachtsvarieté“ mit den Wuqiao-Artisten, die derzeit im Fantasialand sind, und dem Romanoffs (Ring-Perche), den Bojes (Teller und Rollschuhe), Hayashi (Zauberer der Sparte Manipulation) sowie dem Hausherrn Michael van Reed (mit Illusion).

    2007-09-15 | Nr. 56 | Weitere Artikel von: Manfred Hilsenbeck