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    Das alte Europa

    und das werdende Europa sind Gegenstand vieler Diskussionen. Zu einer Liederreise auf den Spuren Europas lädt uns Ingo Barz ein: Das macht, daß wir uns finden... (Schnitterhof Verlag 039972-50173; 18 Tracks, 62:00 min, Texte). Schöne, wechselvolle Lieder sind dem Mecklenburger Liedermacher da gelungen, die den Mut wecken können sich der europäischen Vielfalt zu nähern.  Angefangen beim antiken Kreta über das römische Reich, das aufkommende Christentum, das Mittelalter, die Aufklärung und die bürgerlichen Revolutionen, bis über den zweiten Weltkrieg hin zum November 1989 spannt er thematisch den Bogen. Eine CD die man sich gern anhört, weil sie textlich ausgefeilt und musikalisch abwechslungsreich ist und sich wohltuend vom Nonsens anderer abhebt.

    Sächsisch ist ja nun auch nicht jedermanns Sache. Doch die Sachsendiva (RUM-rcords/Löwenzahn LZ 2482; live, 15 Tracks, 55:40 min) Katrin Troendle aus Leipzig macht's einem nicht schwer. Sie parodiert mit grobem/großem Spaß und Witz bekannte Schlager und Chansons. Diese vielseitige Dame verschmäht weder

    Roland Kaiser noch Kändler, Kreisler oder gar Chopin um das Publikum zum Lachen zu bringen. Es ist ihr gelungen. Das paßt zu Ihm: Konstantin Wecker liest Das bayrische Dekameron (Literos Verlag; 5 Tracks, 47:21 min, infos) von Oskar Maria Graf. Von den 31 erotisch-deftigen Geschichten liest Wecker fünf. Macht er selbstredend gut, man möchte mehr von ihm hören. Derb und einfühlend, kraftvoll und genau, die guten alten Zeiten waren gar nicht so ohne.

    Beim Bestsellerfressen (WortArt 71308/Lübbe Audio ISBN 3-7857-1308-8; 10 Tracks, 79:00 min, Infos) mit Wolfgang Nitschke geht's weniger gemütlich zu, "Das Elend nimmt kein Ende" heißt es doch auch im Untertitel. Von Dieter Bohlen bis Iris Berben, von Bio bis Fliege und von Kardinal Meißner bis zum Dalai Lama bekommen 10 Nervensägen für ihr dussliges Geschreibe oder Gerede eins über die Rübe, daß es eine wahre Pracht ist. Muß auch mal sein und wer davon verständlicherweise noch mehr haben will, der sei an ein gleichnamiges Buch verwiesen: Bestsellerfressen 3 (Edition Tiamat ISBN 3-89320-061-4, 160 S.,13,00 €). Hier bekommen noch Nobbi Blüm, Heinz Rudolf Kunze, Richi von Weizsäcker, Günther Grass oder Hardy Krüger (u.a.) ihr Fett weg.

    Mit dem Österreicher Otto Grünmandl hat der Bayer Gerhardt Polt zwischen 1980 und 1984 im Bayrischen Rundfunk über Die ganze Welt und überhaupt (Kein & Aber records/EFA Medien 22790-2 / Eichborn 3-0369-1106-5; 13 Tracks, 74:47 min) geredet. Haben Sie schon einmal über einen Antiquitäten-Duftspray für Rokoko-Schlafzimmer nachgedacht? Über solche Absurditäten reden die beiden. Aus 16 halbstündigen Plaudereien wurden fast 75 min herausgefiltert, man versteht, warum die Sendung so erfolgreich war.

    Aus diesem Kiez kommt Doktor Stratmann mit seinem Best of... (Roof-Music RD 2333179 / Eichborn ISBN 3-936186-28-6; 2 CDs, 11 Tracks, 61.04 min; 5 Tracks, 40:52 min) aus drei Programmen. Da schwatzt der Herr Doktor so vor sich, im Ruhrpott-Slang, natürlich über Krankheiten, über Krankheiten aber auch über Theaterbesuche und die Familie und über Krankheiten. Ebenfalls wunderbar.

    Über Westfalen und Düsseldorf lacht Konrad Beikircher sogar am liebsten, ...und sonst?! (Roof Musik RD 2333180 / Eichborn 3-936186-20-0; 2 CDs, live, 66:10 min + 12 Tracks, 69:53 min) neigt der Rheinländer ja nicht gerade zur Schweigsamkeit und deshalb wächst seine Rheinische Trilogie, und wächst und wächst. Der Tiroler Beikircher lehrt uns anhand vieler humoriger Beispiele das Rheinische besser zu verstehen. Sie haben ein wenig mitfühlendes Verständnis aber auch bitter nötig – bei dem Bier, was sie da unten trinken, können sie auf Sympathie nicht hoffen.

    Der Franke an sich ist ja nun nicht gerade für Geistesblitze und Spritzigkeit berühmt geworden – wenn sich Erwin Pelzig in Sachen Abitur (Piraterecords 510835-2; 20 Tracks, 68:39 min) und Pisa betätigt scheint's, daß er alle Vorurteile bestätigen möchte. Die 20 Abituraufgaben von Physik bis Religion, die Dr. Göbel stellt, verreißen die beiden Prüflinge Erwin und Hartmut (alle drei gesprochen von Frank-Markus Barwasser) gründlich. So komisch-schlimm steht's also um die Bildung in Deutschland (übrigens kann man bei der Auflösung der Abiturfragen auch einiges lernen.).

    Doch Rettung naht, zumindest in der Schweiz, denn Hilfried kommt (Kein & Aber records/EFA Medien 23279-2; live, 19 Tracks, 73:23 min). Christian Höbling spielt einen spröden, verklemmten Oberlehrertyp, der seinen belehrenden Vortrag immer wieder mit steif gesungenen Musikparodien unterbricht. Dieser Biedermann erweist sich dabei immer wieder als bösartiger Zyniker, weil ein Spießer natürlich kein Menschenfreund sein kann. Diese Mischung aus verfremdeter Schellackgemütlichkeit und korrekter Boshaftigkeit ist ein neuer Ton im Kabarett, so als ob man den frühen Professor Unrat mit Max Raabe gekreuzt hätte.

    Horst Schroth befindet sich Dauerkriegszustand mit dem anderen Geschlecht. Er hat sein Thema gefunden. Das beherrscht er ja auch, aber gewisse Abnutzungserscheinungen sind nicht zu leugnen. Es kommt also zum Katerfrühstück - Die letzten Geheimnisse (WortArt 71269; Lübbe ISBN 3-7857-1269-3; 36 Tracks, 74:39 min) werden verplaudert. Frauen und Männer als geheimnisvolle Wesen, die zudem gar nicht zueinander passen und es dennoch nicht lassen. Keine stillen Tage im Klischee, stattdessen bemüht er sie ein ums andere Mal. Nicht das wir uns falsch verstehen: er kann das und es ist auch komisch.

    Bei Richard Rogler ist der Anfang offen (WortArt 71298 / Lübbe 3-7857-1298-7; 2 CDs, live, 9 Tracks, 58:01 min + 8 Tracks, 54:11 min). Sein Camphausen hat auch Probleme mit die Frauens, vor allem mit seiner aber auch mit dem Rest der Welt. Ob als Hausmann oder als Firmenchef, bei den Kumpels oder in der Familie, die Welt ist schlecht zu ihm und die Zukunft ist auch nicht mehr das was sie einmal war. So schimpft er sich unverstanden durch die Zeit und macht sie für uns dadurch transparenter.

     

    2003-06-15 | Nr. 39 |