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    Der Norden macht jetzt noch mehr Spaß


    Ohnsorg-Theater-Aufzeichnungen seit 1954, „Dinner For One“ zu Silvester seit 1972, Satire-Magazin „Extra 3“ seit 1976 – beim NDR-Fernsehen sei man stolz auf seine lange Humor-Tradition, sagte Frank Beckmann. Doch gerade die verpflichte, nun nachzulegen und das Thema zeitgemäß „noch ein Stückchen ernster zu nehmen“, erklärte der Programmdirektor im März vor zahlreichen Journalisten im Schmidt-Theater. Dabei wäre ihm wichtig, Medien wie Internet, Rundfunk und Fernsehen miteinander zu vernetzen: „Manche Leute sind heute schon Riesenstars auf ‚YouTube‘, bevor sie andernorts ihr Publikum finden“, meinte Beckmann. So erinnerte er an die sonst eher lokal erfolgreiche Hamburger Drag-Queen Olivia Jones, die bei „Extra 3 Neueste Nationale Nachrichten“ in zwei Jahren sage und schreibe mehr als eine Million Mal angeklickt wurde.

    Das neue Spaß-Konzept seines öffentlich-rechtlichen Senders bezeichnete er als noch offen: „Neue Talente fördern, Dinge sich entwickeln lassen, noch schräger sein als gewohnt und mehr Experimente wagen, auch mit Haken und Ösen“, so allgemein lauteten erst einmal Beckmanns Pläne. Darin sah er keinen Widerspruch zur ganz konkreten NDR-Offensive, die er im Frühjahr unter dem Motto „Der Norden macht Spaß!“ mit mehreren Sendungen gestartet hatte. „Und für die haben wir das ‚Who is Who‘ im Norden“, merkte der Fernsehmann stolz an.

    „Mit 80.000 Fragen um die Welt“ reist seit März Dennis Gastmann für das Auslands-Magazin „Weltbilder“ wirft dabei freche, aber analytische Blicke auf Ziele wie Australien und Neuseeland. Urgestein Mike Krüger präsentiert in der neuen lockeren Reihe „So lacht der Norden“ einen Mix aus Live-Comedy und NDR-Archiv-Schätzen. Die politische Satireshow „Intensiv-Station“ vom NDR Info-Radio gibt’s nun einmal im Monat auch im Fernsehen – gefüllt mit Kabarett, Live-Musik, lustigen Talkgästen und kuriosen O-Tönen rund um das gesellschaftliche Geschehen. Und der „NDR Comedy Contest“ 2010, moderiert von Karl Dall und Ruth Moschner, ermittelte gerade in fünf Shows die besten Nachwuchs-Comedians des Nordens. Der Sieger tritt im Dezember noch einmal an: im Finale um die norddeutsche Comedy-Krone.

    Längst Kult ist „Neues aus Büttenwarder“ mit Jan Fedder und Peter Heinrich Brix. Dazu schrieb der NDR erstmals einen Video-Talentwettbewerb aus: Der Sieger/die Siegerin darf im Sommer drehen. Die 17-teilige Cartoonserie „SV Büdelsbüttel“ bereicherte von Januar bis Mai den „Sportclub Bundesliga“. Und last but not least bringen Thomas Hermanns und Cloozy Haber in ihrer „Thomas & Helga Show“ die Variety-Show nach Deutschland – nach erfolgreichem Start zwischen März und Mai sind weitere Folgen geplant.

    Sie trägt ihren roten Topfhut bereits seit 1987 – und immer noch verbirgt sich darunter ein kluger Kopf: Marlene Jaschke, Hamburgs prominenteste Sekretärin, Single mit Wellensittich und Dauer-Kunstfigur der Komikerin Jutta Wübbe (54), lieferte dafür im St. Pauli-Theater wieder einmal den schlagenden Beweis: Im triumphalen Solo „Auf in den Ring!“ erzählte, sang und spielte die Unverwüstliche Wagners gesamten Opern-Zyklus und kommentierte ihn – am Flügel begleitet von Volker Griepenstroh – mit Parallelen aus ihrem Alltag samt Schwager Werner, Nachbar Westphal und Freundin Hannelore.

    Ob Wotan, Siegfried, Brünnhilde oder die Rheintöchter – ausgerüstet mit Speer und Brustpanzer ließ Jaschke dabei keine tragende Rolle aus. Sogar ihren persönlichen Siegfried suchte sie ihm Saal – fand aber nur einen Thomas. Machte nix: Gemeinsam mit ihrem Auserwählten schmachtete sie auf der Bühne „True Love“. Inbrünstig, aber nicht ganz glockenrein intonierte sie auch noch Volkslieder wie „Warum ist es am Rhein so schön“. Das Premierenpublikum jubelte – und sang mit. Da war Frau Jaschke dann doch so verlegen, dass sie immer wieder am Rocksaum nesteln musste. Tiefgang hatte ihr Abend übrigens auch: Nicht nur ehrt Wübbe in der Figur liebevoll die verletzliche Spießerseele in uns allen – im „Ring“ erklärt sie uns die Welt ebenso verschroben wie unwiderstehlich als immerwährenden Kreislauf von Zerstörung und Neubeginn.

    Redaktion: Ulrike Cordes

     

     


    2010-06-15 | Nr. 67 | Weitere Artikel von: Ulrike Cordes