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    Kabarett bis man lacht

    Worüber soll man nun eigentlich noch Kabarett machen. Alles ist gesagt, keiner legt etwas vor und der Zeitgeist lehnt sich zurück. Die Kabaretts haben es freilich nicht leicht und tun sich nicht selten damit schwer. Man plündert den Alltag, das Leben hinter der Wohnungstür. In der Hoffnung, es könnte auch so politisch werden. So ging es im academixer-Programm „Glück im eigenen Saft“ ganz privat zu, das im Frühsommer Premiere hatte. Anke Geißler und Christian Becher spielten nach dem Textbuch von Cornelia Molle öffentlich Partnerschaftsprobleme durch. Und die beiden plauderten drauf los, was das Nähkästchen hergab. In der Dresdner Herkuleskeule stellte im Juli Uwe Steimle seinen neuen Abend „Günter allein zu Haus“ vor. Der läuft inzwischen außerordentlich gut. Nur eben ist es ein neues Programm mit zumeist alten Texten.

       Pünktlich mit dem 1. September zog nach der Sommerpause der große kabarettistische Ernst ein. Man produzierte, damit man zur Lachmesse im Oktober was Neues zu bieten hat. Alte Hüte sind da nicht gewünscht.

    Doch erst einmal feierte das Dresdner Brettl sein 10-jähiges Bestehen. Das große Lob galt dem Chef des Theaterkahns, Friedrich Wilhelm Junge, und seinen freiberuflichen Mimen Monika Hildebrand, Peter Bause, Tom Pauls, dem Zwinger-Trio... In Leipzig hieß es gleich darauf bei Sanftwut „Alles sinkt“. Sie hatten ihre erfolgreichen Texte unter der Regie von Rainer Otto recyclet und zu einem heiteren musikalischen Abend zusammengebaut.

       Doch dann kam der Wahlsonntag. Kabarett ist zwar eine operative, eine schnelle Kunst. Wer aber würde sich schon eine Kabarett-Premiere an solch einem Tag ans Bein binden. Jürgen Hart. „Wechseljahre“ hieß das Programm, das er mit Gattin Katrin vorstellte. Das sollte nicht etwa das Wahlergebnis vorwegnehmen, Jürgen Hart hatte schlicht und einfach ein  Programm über das Älterwerden vorbereitet. Nur nicht darauf geachtet, daß am 27. September Bundestagswahl ist. Nun stand der Termin fest, also hielt er sich daran. In der Art eines Routiniers hat er Bundestagswahl und Älterwerden miteinander verbunden. Dennoch haben sich Katrin und Jürgen Hart nicht von ihrem Programmfaden abbringen lassen. Das war in sofern auch nicht so schwierig, weil Hart das Private und Öffentliche nicht trennt. In sofern war sein Plädoyer für das Alter ein besonderes Glanzstück.

       Nun aber zur achten Lachmesse. Im Mittelpunkt stand auch in diesem Jahr das deutschsprachige Kabarett. Abgesehen von Matthias Belz und Matthias Deutschmann ab, ist man vom politischen Kabarett etwas abgerückt. Beide zeigten die Gegenwart aus historischer Perspektive, hart aber ungerecht, wie das Leben eben so ist. Und das beeindruckend. Sonst hatte man sich eher den sogenannten privaten Themen gewidmet. Das Private als Spiegel der Öffentlichkeit. Ob A wie academixer oder B wie Klaus Birk,  M wie Märchenprinzen oder P wie Holger Paetz, sie sahen ihr Thema im „Kleinen“. Gleich ganz privat, aber überzeugend, wurde Horst Schroth in seinem brandneuem Programm „Herrenabend“. Der Mann als Thema! Eine Überraschung war Gayle Tufts aus Berlin mit ihrer Performance voller Tempo und Pep.

       Proppenvoll war das Kabarett-Theater Sanftwut zum Lachkampf, ein Wettbewerb der Ost-Kabaretts der zweiten Liga. Mit viel Beifall abgeräumt hatte Gisbert Terhorst. Es zeigte sich, daß Ost- und West-Kabarett kaum noch zu unterscheiden ist. Lediglich in der Themenwahl. Während die einen sich mitfühlend auf den sozialen Grundsatz der Gesellschaft konzentrieren, spotten die anderen über das immer noch vorhandene Wohlstandsgesellschaftsgefühl. Im Ganzen war die Lachmesse in Leipzig ein Festival ohne Überraschungen, aber man konnte aber gutes, teils exzellentes Handwerk erleben.

       Die nächsten Premieren sind im Dresdner Brettl am 22.11.98 mit „Auf den Flügeln bunter Träume“, am 29.11.98 im academixer-Keller mit Gunter Böhnke und Bernd Lutz Lange und „Alles Zufall“, am 19. und 20.11.98 bei der Herkuleskeule mit „Kahn der fröhlichen Leute“ und die Leipziger Pfeffermühle stellt am 13.12. 98 ihr neues Programm „Wir nehmen uns in Kauf“ vor.

    1998-12-15 | Nr. 21 |