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    Rückblick - 1. Kölner Kleinkunstpreis

    artbild_200_1.Koelner_KleinAm 13. und 14.04.2015 fand zum ersten Mal auf der Schäl Sick in der alten Batteriefabrik in Köln der 1. Kölner Kleinkunstpreis statt.

    Da fragt man sich, warum gibt es den nicht schon länger, in einer Stadt die von Kleinkunst überflutet ist? Einer Stadt, wo Comedy und Kabarett nicht mehr weg zu denken sind. Wo du an jeder Ecke, in fast jeder Bar, hauptsächlich im Kwartier Latäng, in der Südstadt und in Ehrenfeld an kulturellem Angebot nicht vorbei kommen kannst? Anny Hartmann weiß es. Köln hatte bisher keinen Kleinkunstpreis, weil Düsseldorf auch keinen hatte. Dann fangen wir mal an!

    Der erste Kölner Kleinkunstpreis stand unter dem Motto "Lebenswissenschaften". Lebenswissenschaften, das kann alles sein. Prozesse, die in Lebewesen, also auch uns, statt finden. Die Beziehungen und Entwicklungen von Mensch zu Mensch. Kurz - Sex!

    Den Juryvorsitz hatte die "Grande Dame" der Kleinkunstszene" Marianne Kolarik. Eine Frau die sich wirklich auskennt. In der Kleinkunstszene bekannt wie ein bunter Hund. Eine gute Wahl. Schirmherr war Konrad Beikircher, der selber gerne mit gemacht hätte.

    Das Catering für die Gäste und die Künstler kamen vom Internationalen Bund. Die Künstlerische Leitung von der Veranstaltungs- und Künstleragentur aus Sülz - Kultus Köln. Träger und Veranstalter waren das rechtsrheinische Technologie- und Gründerzentrum Köln, kurz RTZ und der BioCampusCologne, kurz BCC. Der musikalische Einspieler von Künstler und Bademeister-Ikone Robbi Pawlik.

    Die Zuschauer bestanden zum größten Teil aus Fachpublikum. Veranstalter, Agenten, Künstler und Verleger gaben sich die Klinke in die Hand.


    TAG 1

    Die Moderatorin Anny Hartmann stellte erstmal fest, wer von der rechten Rheinseite kam und wer rüber geschwommen ist. Sie stellte die Sponsoren vor, damit das Publikum auch mal weiß, welche Firmen und Gesellschaften in Köln sich für die Kleinkunst einsetzen.

    Bild_04_Volker_Weininger_Der erste Abend mit den ca. 70 Zuschauern versprach spannend zu werden. Den Startschuss machte Volker Weiniger (Bild) aus Bonn. Er griff sofort ein aktuelles schweres Thema auf, indem er sich über den derzeitigen Journalismus ausließ, über die Kolumne von F.J. Wagner von der BILD Zeitung über den Flugzeugabsturz der GermanWings Maschine. Ja sogar die WELT lieferte Ihre Infos über den Co-Piloten anhand von Facebook Likes. Der Deutschlandfunk meldete: abgestürzt ist nicht nur ein Flugzeug mit 247 Opfern, abgestürzt ist leider auch der Journalismus. Dann kam eine amüsante Nummer über gefährliches Halbwissen, z.b. sein Freund fragt ihn "Wer von den beiden Klitschko-Brüdern ist jetzt Präsident in der Ukraine? ... Er klärte das Publikum auf, das er auch Migrationshintergrund hat, auch wenn man ihm das nicht ansieht, aber seine Mutter sei Österreicherin. Seine Frau sei Amerikanerin mit Chinesischen Vorfahren und heißt Erika. Das nähme man ihr nicht ab, dass sie Amerikanerin sei mit deutschem Namen. So echauffierte er sich über Migrationsvorurteile.

    Er sprach von den Experten im Deutschen Fernsehen. Früher gab es nur 2 Experten. Peter Scholl-Latour und die Frau von der Perl-Weiss Werbung. Damals sind die Frauen in der Werbung nicht gut weg gekommen. Zum Beispiel die OB-Werbung, in der ein Tampon gezeigt wird, der von einer Frauenhand umschlossen wird mit dem schönen Satz: OB nimmt die Regel da auf wo sie passiert. Seit wann passiert die Regel in der Hand??

    Anny Hartmann machte eine Nummer über die FIFA und die Weltmeisterschaft in Katar. Die FIFA wurde von Interpol geprüft und die FIFA wird in den kommenden Jahren 20.000.000 € an Interpol für den Kampf gegen Korruption spenden. Und sie vergab Jobs in der FIFA. Ein großes Geklüngele, ein großer Widerspruch in sich.

    Bild_03a_Jochen_FalckAls zweiter Act kam der Berliner Varieté Künstler und Preisträger Jochen Falck (Bild)auf die Bühne. Eine Horrorbegrüßung - ein unheimliches Gebiss über ein anderes unheimliches Gebiss. Er hätte eigentlich gar nicht kommen können, weil er heute schon einen Termin im Kalender hatte. Also hat er sich einfach einen neuen Kalender gekauft. Da war der Termin noch frei. Er lieferte absolute Nonsens - Komik mit Mini-Gitarre, einer Bauchredner Nummer mit Pferd, einer Jonglagenummer mit einem Notenständer auf einer Klarinette. Einer Free - Jazz Nummer mit der Klarinette und dem Satz: "Ich spiele gerne Free-Jazz, aber ich höre nicht so gerne Free-Jazz." Also zog er sich Schutzhörer auf. Dann noch eine Raketennummer, eine Castagnettennummer und zu guter Letzt ein außergewöhnliches Schattenspiel mit einer Kiste auf dem Kopf, die er selber gebaut hat. Die Kiste kann auch keiner nachmachen, weil keiner weiß, wie sie heißt, tönte er. Im Schattenspiel sollte das Publikum erraten, was für ein Märchen er präsentiert. Es war der Froschkönig à la Falck. Denn am Ende verwandelte sich nicht der Frosch in einen Prinzen, sondern die Prinzessin in einen Frosch. Das Publikum tobte. Ein wunderbarer Unterhaltungsknabe.

    Nach einer 15-Minütigen Pause klärte Anny Hartmann das Publikum nochmal auf, das Wissen am Besten durch Humor vermittelt wird und kündigte Schwester Cordula an.

    "Mein Name ist Schwester Cordula. Ich bin Familienhelferin. Am Akkordeon ihr Langzeit - Zivi Dirk Rawe. Sie stellte im Schnelldurchlauf und Akkordeonklängen im Hintergrund 3 Groschenromane vor, gefolgt von dem Song "Wo sind all die Mamis hin? Wo sind sie geblieben?" Zwischenzeitlich las Dirk Rawe Auszüge aus dem Erziehungsratgeber von Boris Becker "Was Kinder stark macht". Wichtig sei die Zeit, die man mit seinen Kindern verbringt. Als Beispiel: zusammen Zähne putzen. Es folgte eine Märchengeschichte mit Schauspielunterlage: "das eigensinnige Kind". Hinter Schwester Cordula verbirgt sich die Berliner Schauspielerin Saskia Kästner.

    Anny Hartmann spottete darüber, dass ja 30 % der Frauen in Führungspositionen eingesetzt werden. Ja 30 %. Aber nur für gewisse Positionen. Ja klar 30 %. Aber nur in 110 Firmen.

    Dann kam ein Rebell-Comedy Star auf die Bühne: Usus Mango. Er lobte das Publikum, dass es ja nicht so alt sei, wie bei seinem letzten Auftritt in Düsseldorf. Dort sah das Publikum von der Bühne so aus wie ein Baumwollfeld. Seit er Kinder hat, hat er komplett neue Lebenswissenschaften. Er kann nicht mehr alleine baden gehen, weil seine Kinder immer dazu kommen. Er hat auf einmal eine Angst vor Einbrechern entwickelt und gibt den Tipp, sich in seinem eigenen Haus als Einbrecher zu verkleiden, offen auf den Einbrecher zu zu gehen und zu behaupten, hier gibt es nichts zu holen. Er hat Freunde aus allen Nationalitäten und wenn er sie einlädt, scheint es wie ein Gipfeltreffen der UN. Jeder debattiert darüber, wer am Diskriminiertesten sei. Mit der letzten Nummer verblüffte er, weil ein Hauch von Skurrilität in der Luft lag. Was wäre, wenn Ausserirdische ihre Abgesandten auf die Erde schickten, um Forschungen zu betreiben? Sie kämen zurück und würden die Menschheit als verrückt hin stellen. Sie machen alles mit Vierecken. Sind süchtig nach Vierecken. Sie wohnen in Vierecken, sie gehen in Vierecken zur Arbeit um dort in Vierecke zu schauen. Sie haben portable Vierecke auf die sie die ganze Zeit schauen und rum tippen und wenn sie Feierabend haben, fahren sie in ihr Viereck, um dann dort in ein weiteres Viereck zu schauen. Und wenn sie tot sind, werden sie in einem Viereck begraben. Dieser Teil war sehr beeindruckend und einzigartig.


    TAG 2 - Finale

    Der zweite Abend lockte ein paar Zuschauer mehr an. 80 Kulturinteressierte Menschen kamen ins RTZ. Anny Hartmann begrüßte mit den gleichen Fragen wie am Abend zuvor die Gäste aufs Herzlichste.

    Aydin Isik belehrte erstmal das Publikum wie sein Name richtig ausgesprochen wird. Er sprach von seiner Herkunft. Geboren in Hattingen, aufgewachsen in Istanbul, da geblieben für 13 Jahre, dann 13 Jahre Ruhrgebiet und nun schon seit 11 Jahren in Köln. Er beschrieb dem Publikum den Lebenslauf von Angela Merkel und sprach über Politik. Seit Angela Merkel Bundeskanzlerin ist, sind immer mehr lustige Sprüche entstanden. Zum Beispiel Gregor Gysi mit dem Satz: "Vorsicht, vorsicht, vorsicht. Das Licht am Ende des Tunnels kann auch ein entgegenkommender Zug sein." Er brachte Zahlen zu Tage wie, das zuletzt 18 Millionen Menschen nicht gewählt hätten und bemängelte, dass Deutschland sich zu wenig für Politik interessiere. 49 % von Air Berlin haben wir an die Araber verkauft. Nach seinen politischen Ergüssen schlüpfte er in seine Figur "Kenan aus Kreuzberg". Kenan imitierte Goethes Erlkönig auf seine Weise. Spottete und fragte sich, was wir in der Schule eigentlich beigebracht bekommen. Alles in allem ein sehr energischer und tänzelnder Kabarettist.

    Bild_02a_Mademoiselle_MirabDie Französin Mademoiselle Mirabelle (Bild) kam mit einem Knallerbaguette und einem großen "Tsschibuumm" auf die Bühne. Sie erklärte den Unterschied zwischen deutscher und französischer Lebensfreude, testete das Publikum mit Gitarrenuntermalung auf seine französisch Kenntnisse, lieferte einen kurzen Song über's Fremdgehen und trichterte den Zuschauern ein sie sollen: lernen, hören, aufpassen. Sie sprach über die französische Liebe: "L'amour ist, wenn du nicht mehr über die Trottoir gehst, sondern fliegst." Franzosen leben die Liebe wie verrückt. Dann holte sie zwei Leute auf die Bühne, die Sie ihre eigene Tanz-Choreographie aufschwatzte. Der Star in dem Stück war eindeutig Werner. Ein älterer lustiger Herr an ihrer linken Seite.

    In der zweiten Hälfte bat Anny die zwei Ausserirdischen der Kleinkunstszene auf die Bühne: Ulan & Bator (Bild). Artbild_200_ulanbatorSie bewiesen mal wieder, die hohe Kunst des Dadaismus und Absurdismus dem Publikum zu veranschau-lichen mit ihrem Sockensketch, spastischen Arztbesuch, Bussketch, Stühlerücken auf der Bühne, die der Geräusch-kulisse einer Orchesterprobe nahe kam, der Sportschau. Kennt ihr den niederbayrischen Drohschmetterling? – Passau Falter!

    Der letzte Künstler kam aus Sulzbach. Andy Sauerwein. Eigentlich Klavierkabarettist. Dieses Mal nur mit Mikro auf der Bühne. Er redete über Handies von Gestern und Smartphones von Heute. Brachte die Thematik des heutigen Wirtschaftkonsums auf den Punkt, indem er erklärte, dass die Geräte von Heute extra so produziert werden, damit sie kaputt gehen. „Geplante Obsoleszenz ist immer verknüpft mit partieller Demenz“. Aktuelle Themen über Veganismus und Nachhaltigkeit kamen bei ihm nicht zu kurz.

    Nach eingehender Beratung der Jury stand fest, dass beim 1. Kölner Kleinkunstpreis folgende Gewinner zu vermelden sind:

    1. Platz: Ulan & Bator
    2. Platz & Publikumspreis: Jochen Falck
    3. Platz: Andy Sauerwein

    Wir danken den Veranstaltern, den Künstlern, der Jury und allen Förderern für die 2 Abende auf der Schäl Sick und freuen uns über den neuen Preis! Weiter so!

    Bild_06___

















    Redaktion: Jenny Genzke

    Bildnachweis:
    Ulan Bator Foto: Sandra Klein

    2015-05-05 | Nr. 87 | Weitere Artikel von: Jenny Genzke