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    Szene Barcelona: 2 Kleinkunstbühnen in Barcelona

     – Conservas und der Espai Escènic Joan Brossa

    Kleinkunst ist in Spanien mit anderen Konnotationen belegt als in Deutschland. Die am ehesten treffende Übersetzung ist „Espectáculo de pequeño formato“, also kleinformatige Veranstaltung. Dies kann von der Disziplin her alles mögliche beinhalten, aber das Kleinformat gibt es vor allem im Theater, Strassentheater und Tanzbereich. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es kaum ein Equivalent für Cabaret.

    Kleinkunstbühnen gibt es dafür zur Genüge, wobei in diesen alternativen und privaten Veranstaltungsräumen oft sehr persönlich und spezifisch veranstaltet wird.

    Zwei Prachtbeispiele für diesen eigenen Stil und gleichzeitig zwei Orte, wo man immer wieder Überraschungen erwarten darf sind: der Verein CONSERVAS und der ESPAI ESCÈNIC JOAN BROSSA. Beide haben Platz für zirka 60 Zuschauer, CONSERVAS ist rechts von der Rambla Barcelonas (im Raval) und der ESPAI ESCÈNIC JOAN BROSSA links davon (im Born).

    Der Verein CONSERVAS wird von der Italienerin Simona Levi geleitet. In einem winzigen Lokal, ein ehemaliger Laden in der Altstadt Barcelonas, werden vanguardistische und sehr mutige Produktionen kreiert, vielleicht haben einige der Leser dieses Artikels die Produktion FEMINA EX MACHINA auf diesem oder jenen europäischen Festival gesehen. Ausserdem macht CONSERVAS innerhalb und ausserhalb des Lokals Veranstaltungsreihen, die einige Merkmale haben, die ihren ganz eigenen Charakter ausmachen: sie sind immer international sehr offen und dennoch sehr zugänglich; sie sind immer mit einem gemeinsamen Essen verbunden. Das gemeinsame Essen soll eine andere, zwanglosere Art von Kontakt von Publikum und Künstlern ermöglichen. Auch sollen Leute auf diese Weise auf „Theater“ Lust bekommen, die sonst nicht ins Theater gehen würden. Der gesamt Raum von CONSERVAS und alle dort arbeitenden Menschen, inklusive des Verkäufers der Eintrittskarten, des Technikers, usw. sind Personen im Sinne eines Theaterstücks, das heisst, sie spielen eine Rolle. Nicht etwa die eines Animateurs oder Clowns, sondern einen Charakter, auf den man – wenn man dazu Lust hat – als Zuschauer eingehen kann. Man muss aber nicht, man kann auch nur zuschauen und sich freuen, was einem eine erstaunliche Freiheit ermöglicht.

    Zwischen 1996 und 1999 hat Simona Levi Veranstaltungsreihen mit anschliessendem Abendessen unter den Titeln POESIA POTAJE und COMICOMER gemacht, Poesie, Erzähler, Performances, Musik und andere „kleine Formen“, wie den Marionettenkünstler Jordi Bertrán. Im Jahr 2001 und 2002 hat sie ein grösseres Performancefestival, inklusive Abendessen für alle Zuschauer, unter dem Titel INMOTION veranstaltet. Das passte nicht mehr in den Veranstaltungsraum CONSERVAS und fand daher im Zentrum für Zeitgenössische Kultur (CCCB) statt. Pablo Ley von der Tageszeitung EL PAÍS sagt über CONSERVAS: „Conservas ist zum einzigen Veranstaltungsort Barcelonas geworden, wo man noch Theater sehen kann, was Neues sucht, es verdient sogar die Auszeichnung Vanguarde-Theater…“.

    Im Oktober 2002 findet die Uraufführung ihrer neuen Produktion „Dust“ im Mercat de les Flors von Barcelona statt.

    Der ESPAI ESCÈNIC JOAN BROSSA (wörtlich übersetzt Szenischer Raum Joan Brossa) ist auch ein Produktions- und Aufführungsort für kleinformatige Veranstaltungen. Die Produktionen sind hier mehr auf Texttheater ausgerichtet, wobei zeitgenössische katalanische Autoren hier ihren Platz finden. Joan Brossa, der dem Theater seinen Namen gibt, ist einer von Ihnen und er beschreibt die Politik des Veranstaltungsortes so: „Zu oft geht das Theater unter uns auf lahmen Füssen. (..) L’ESPAI BROSSA will aufschreien, wo zuviel Stille herrscht, auch wenn sie manchmal Perücke trägt oder sich verkleidet. Wenn ein Land falsch gestellt ist, merkt dies als erstes das Theater. Unsere Theaterszene wünschen wir uns elastischer. Risiko und kreative Abenteuer – der fehlende Fuss – wünschen wir uns weniger widersprüchlich, weniger angewiesen auf die Rechtfertigung ihrer eigenen Grenzgangs. (…) Die Finanzierung lässt die Waagschale immer nur in eine Richtung ausschlagen und die Möglichkeiten sind, so scheint es, voller Schuldbewusstsein. Bis wann noch ?“

    Der szenische und kreative Raum, die Persönlichkeit und das Werk des Schriftstellers Joan Brossa stehen immer im Hintergrund der Aktivitäten dieses kleinen Theaters, auch wenn die Veranstaltungssparte wesentlich breiter gefächert ist: Flamenco, Dichtung, Music-Hall sind einiger der paratheatralen Disziplinen, welche der ESPAI BROSSA  unterstützt und veranstaltet, allesamt normalerweise in ihre jeweiligen Klischeeschubladen gesteckt und als „kitschig“, „langweilig“ oder anders verkannt.

    Vom 16. Oktober bis 15. Dezember kann man EL JOC I L’ENGANY („Spiel und Täuschung“) von Iago Pericot sehen, ein Stück rund um die Überraschung als theatraler Effekt.

    „Freund Zuschauer: Komm näher heran an die Sprache des Körpers. Erlebe Sensationen welche dem Blick von G.G. entgehen. Vergiss deine alltäglichen Verhaltensweisen. Spiele mit uns. Und, schliesslich und endlich, gib der Unordnung neue Form und denke nochmal über das nach, was du bisher gedacht hast.“ Iago Pericot.  

    CONSERVAS, c/St. Pau, 58, 08001 Barcelona, Tel.: 0034 93 302 06 30      conservas@jazzfree.com

    ESPAI ESCÈNIC JOAN BROSSA, c/Allada Vermell, 10, 08003 Barcelona, Tel.: 0034 93 315 15 96, espaibrossa@espaibrossa.com

    Redaktion: Jetti Hönisch

    2002-12-15 | Nr. 37 | Weitere Artikel von: Jetti Hönisch