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  • Themen-Fokus :: Variete

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    Varieté in Berlin

    Der Wintergarten hat seine Jubiläumssaison mit der Hommage an bedeutende Varieté­künstler mit der Erinnerung an Charlie Rivel im Februar beendet, es war die vielleicht hinsichtlich der Inszenierungsidee geglückteste der vier Folgen.

    Am 13. Februar hatte „Tandem“ Premiere, das – dem Titel entsprechend – ausnahmslos auf Duo-Darbietungen setzte. In der Besetzung wiederum Bekanntes neben Neuem, so konnten die Frères Taquin wieder einmal ihre perfekte Mensch-oder-Puppe-Darbietung zeigen, ihre Zweitdarbietung, eine Kino-Pantomime, tat sich dagegen als Auftakt etwas schwer. Aus Italien kamen Denise & Massimo Randol mit Rollschuhakrobatik im Phantasie-Rokoko-Kostüm und Denise Randol im Rocker-Look mit Hula-Hopp, assistiert von dem ein wenig überziehenden Massimo.

    Publikumslieblinge waren zweifellos die Berliner Artisten Strahlemann & Söhne, die, mit vier Keulen jonglierend, gleichzeitig die Kleider wechseln. Confériert wurde das Programm zu Beginn von dem sympathisch plaudernden Holländer Philipp Simon, dann folgte der kanadische Conférencier, Pantomime und Stimmenimitator René Bazinet.

    Das Chamäleon-Varieté startete für drei Monate ein „Best of Karl-Heinz Helmschrot“, vier Produktionen, von denen drei Wiederaufnahmen von Programmen waren, die Helmschrot hier oder an anderen Häusern inszeniert hatte. Auftakt war das „Klassentreffen“, in dem Helmschrot als Oberstudienrat Schramm komödiantisch und mit viel Witz im Spiel mit dem Publikum Reminiszenzen an die Schulzeit hervorrief. Als Partner Helmschrots agierte Andy Clapp als tollpatschiger Schüler, und Special Guest Sanjay Shiroa war echt komisch mit seiner berechtigten Frage „Is this comedy?“, nachdem er sich mit Schlagsahne, Torte und Mehl beschmiert hatte. In der akrobatischen Besetzung setzte sich der Trend des Chamäleons fort, nicht nur auf seinen bisherigen Stamm an Artisten zurückzugreifen, sondern auch neue Darbietungen zu engagieren. Aus dem Programm seien genannt Rainer Stanke mit seinen Kaskaden mit der widerspenstigen Teppichrolle, die akrobatisch perfekten Pat Bradfort & Kate mit steppender Handstandakrobatik auf der Treppe und Cecilia aus Schweden mit Handständen auf der Stuhlpyramide. Das nächste Programm war „Bilder einer Ausstellung“, angelehnt an den Klavierzyklus von Modest Mussorgskij, dabei u.a. Helmschrot jonglierend, Romy Seibt am Vertikalseil, The Leopards mit ihrer hervorragenden Partnerakrobatik und Clown Bobo (Boris Arquier).

    „Helmschrot’s (fast) faust“ dann als drittes Programm, hier konnte Helmschrot wieder mit seinen Wortwitzen als Oberstudienrat – natürlich mit Textanleihen aus dem „Klassentreffen“ – brillieren und das Publikum zu Schülern erklären. Im akrobatischen Teil u.a. Supermiko mit seiner originellen „Game Boy“-Jonglerie und das Duo Blind Date, bei denen besonders die originelle Idee überzeugt, dass er als Buchhaltertyp mit Aktenkoffer und sie als Dompteuse agieren und aus der „Dressur“ sich eine Rola-Rola-Arbeit entwickelt. Für eine Frau recht ungewöhnliche Klischniggtricks zeigte Katrina.

    Schließlich hatte am 2. April das letzte Helmschrot-Programm – nun eine Neuinszenierung unter dem Titel „Kult“ – Premiere. Das war eines der amüsantesten Programme der letzten Zeit, natürlich lebt es vom skurrilen, hintersinnigen Wortakrobaten Friedhelm Kändler, der, agierend in einer Rolle zwischen Gott, Papst und Teufel, z.B. mit den Vorsilben „re“ und “pro“ jongliert und dabei feststellt, dass es viel richtiger „Proligion“ als „Religion“ heißen müsste, weil ja „re“ zurück und „pro“ nach vorn...usw., da stellt sich die Frage nach der Seele der Suppe und es werden die Gedanken eines Schauspielers reflektiert, der das Publikum zum Aufstehen auffordert, damit es sich „widersetzen (wieder setzen)“ kann. Kändler kann man eigentlich nicht beschreiben, man muss ihn selbst erleben, und natürlich erfordern seine Wortspiele auch das Mitdenken der Zuschauer. Akrobatisch baut das Programm auf die ukrainische Artistengruppe Bingo, Absolventen der Kiewer Artistenschule, die auch beim letzten Zirkusfestival in Monte Carlo waren. Die jungen Akrobaten zeigen - sich dabei auch gegenseitig assistierend – zum Teil sehr trickreiche Darbietungen, so Iryna Demska am Luftring, Leonid Petrovsky mit einer neuartigen Jonglerie mit großen Triangeln und Alexandru Craicun auf dem Schlappseil. Dazu das Duo Blind Date mit Partnerakrobatik, nanaischen Spielen (mit einem phantastischen Würfelmonster) und der „Raubtier“-Rola-Rola.

    Die Urania-Varieté-Serie, im März zum 241. Mal vom unverwüstlichen Erich Richter inszeniert (der in diesem Jahr sein 50-jähriges Bühnenjubiläum begeht), steht immer ein wenig im Schatten anderer Programme und Häuser, da sie „nur“ für Senioren veranstaltet wird. Aber gerade hier sind immer wieder hervorragende artistische Darbietungen zu sehen, so in dieser Folge das Duo Bogdan mit seiner selten gewordenen Zopfhangarbeit, die Kaskadeure 2 Tobis, der Comedy-Magier Tom Max Tommes oder die Parterre- und Schleuderbrettakrobaten Cool Mortales. Greta Bölkow am Xylophon sind ihre 72 Jahre nicht anzumerken, und die 3 Berliner Tenöre ließen ihre Stimmen für sich wirken. Sie waren bejubelte Stargäste des Urania-Programms, das in jeder Folge einen Stargast hat, der von Erich Richter selbst vorgestellt wird. Die ausgezeichnete musikalische Begleitung besorgt seit einigen Jahren die Reinhard-Stockmann-Band aus Dresden.

    Im Wintergarten trägt das nächste Programm den Titel „Mikrokosmos“, Premiere ist am 15 Mai, Regie führt der Comedian David Shiner.

    Die nächste Chamäleon-Produktion startet am 24.April: „In a broken world“ ist eine neue Show des schwedischen Bizarr-Magiers Carl-Einar Häcker. Auch weiterhin an jedem Samstag- und Sonntagnachmittag läuft das FamilienVarietéMusical „Frösche und die Welt hinterm Bühnenrand“ von Sammy Tavalis.

    Im Friedrichstadt-Palast hat die Revue „Wunderbar – die 2002. Nacht“ am 6. Juli ihre letzte Vorstellung, am 5. September startet die neue Produktion „Revuepalast“, für die Hauptrolle wurde Kim Fischer verpflichtet.

     

    Redaktion: Dietmar Winkler


    2003-06-15 | Nr. 39 | Weitere Artikel von: Dietmar Winkler