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  • Szenen Regionen :: Köln-Bonn

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    Von Nachwuchskabarettisten, Countrylegenden und trutschigen Damen



    Das Jahr begann ganz kleinkünstlerisch mit dem "Kabarettfestival" in Schloss Eulenbroich in Rösrath, südlich vor den Toren Kölns gelegen. Wobei das "Festival" ein dreitägiger Newcomer-Wettbewerb für Kabarettisten ist. Die Spielregeln sind klar: 8 Kleinkünstler, die noch nicht mehr als ein Soloprogramm auf dem Markt haben, messen sich in möglichst politischen oder gesellschaftskritischen 20-Minuten-Beiträgen und das Publikum entscheidet Abend für Abend über die Sieger. Am Ende war Prof. Dr. Elisabeth Heinemann die völlig klare, wenngleich total überraschte Gewinnerin. Deren Titel sind echt, denn die Frau aus Darmstadt ist vortragend und lehrend unterwegs. Ihr Fachgebiet, das Internet, macht sie auch im Kabarett zum Thema. Von ihrem souveränen Auftreten und der gekonnten Interaktion mit dem Publkum abgesehen waren ihre Ausflüge in die Welt von facebook, Twitter & Co. auch noch zum Brüllen komisch.

    Die zweitplatzierte Lieselotte Lübke, eine gerade mal 24 Jahre junge Hannoveranerin, überzeugte mit eigenen Songs, gespielt am Klavier. Die waren teils satirisch, teils nachdenklich. Mit ihrem der Jugend vorbehaltenen Weltschmerz konnte sie viele Sympathien gewinnen. Der Drittplatzierte Lorenz "Lorman" Böhme ist zwar kabarettistisch fast schon ein alter Haase, weil das Kabarettist-Sein jedoch nicht sein Hauptberuf ist und er tatsächlich bislang erst ein Soloprogramm auf den Kabarett-Markt gebracht hat, erfüllte auch er die Teilnahme-Kriterien. Böhme konnte das Publikum mit einer Mischung aus gewagten Satirespitzen zu Politik und Gesellschaft sowie skurrilen eigenen Songs begeistern. In die Endrunde kam des weiteren das Kölner Duo Fußpflege Deluxe, bestehend aus Schauspielerin Caroline Seegers und  Autor Christoph Schlewinski. Leider schien sowohl das Publikum wie später auch die Presse mit ihren Programmausschnitten etwas überfordert. Die doppelbödigen Szenen, die die beiden auch schauspielerisch großartig präsentieren, nahmen schlechte Stand-up Comedians und sich selbst überschätzende Schauspieler auf's Korn. Aber entweder entsprachen beide Spezies nicht dem Erfahrungshorizont des zuschauenden Bildungsbürgertums (was ihm, dem Publikum, zu wünschen wäre) oder aber es konnte aus anderen Gründen die Komik nicht nachvollziehen. So blieb der Fußpflege am Ende nur Platz 4.


    Kleinkunst, das ist weit mehr als Comedy und Kabarett. Das kann auch mal ein Abend wie dieser sein: "A Singer of Songs". Der ausgebildete Schauspieler Bastian Semm, immerhin einigen hunderttausend Besuchern der Störtebeker-Festspiele auf Rügen als dessen Titelheld (seit 2013) bekannt, hat seit seiner Jugend ein großes Faible für den amerikanischen Country-Sänger Johnny Cash. Der ist für Semm "ein ganz großer Geschichten-Erzähler". Und da Semm selbst ein guter Gitarrist und noch besserer Sänger ist, war irgendwann die Idee für einen Cash-Abend geboren. Nun ist es für Semm nicht mit dem bloßen Nachsingen der Welthits getan. Semm hat ausgewählte Stücke musikalisch ganz neu interpretiert und trägt sie - immer wieder unterbrochen von Auszügen aus Cash' Autobiografie - zur Gitarre vor. Manchmal kann man, schließt man die Augen, den alten Cash tatsächlich raushören, aber durch Semms, der als sympathischer blonder junger Mann optisch so gar nichts vom "Man in Black" hat, eigene Interpretationen kommen tatsächlich die Texte, die Geschichten also, ganz neu zur Geltung und passen wunderbar zu den vorgetragenen Buch-Passagen. Eine runde Sache und ein rundum gelungener Kleinkunst-Abend in Leverkusen.


    artbild_gardiHutter_SchneidDas Rheinland wurde im ersten Quartal von vielen tollen Kleinkunst-Damen besucht. Zu nennen wäre beispielsweise diese: Nach langer Zeit beehrte die große Clownin Gardi Hutter wieder einmal Köln. Ihr aktuelles Programm heißt "Die Schneiderin". Darin erweckt die schweizer Bühnenlegende, inzwischen 61, ein ganzes Schneider-Atelier samt Inventar und natürlich der titelgebenden Schneiderin zum Leben. Es war besonders schön zu sehen, dass sowohl Alt-Fans, die Gardi Hutter nun schon seit mehr als drei Jahrzehnten kennen, wie auch deren Kinder und sogar Enkel gleichermaßen Spaß am teils poetischen, teils aberwitzigen Bühnengeschehen haben.

    Nur wenige Tage darauf waren die "Truden" aus Hamburg zu Gast in der Comedia. Die genaue Bezeichnung dieser Truppe ist "Trude träumt von Afrika". Sie umfasst im Kern vier "trutschige" Damen, die in überspitzter, fast tansenhafter Verkleidung Schlagwerk verschiedenster Sorte bedienen. Hauptsache laut und am liebsten afrikanisch. Es wird auch gerne dazu gesungen. Als wäre die Kombination aus den hanseatischen Frauen-Karrikaturen und den afrikanischen Gesängen nicht schon kurios genug: Die Damen hinter den Verkleidungen haben den Rhythmus im Blut und reißen das Publikum nahezu von den Stühlen. In Hamburg weltbekannt, sind die Truden im Rheinland fast noch ein Geheimtipp (mit einer um so hartnäckigeren Fanbase). Man wünscht ihnen, die sich vor 25 Jahren bei einem Trommelworkshop kennen lernten, endlich den verdienten Welterfolg.

    | Ausgewählte Termine: Köln

    Redaktion: Lore Ley  

    Bildnachweis Gardi Hutter: Agentur Marlies Düsterhaus


    2014-04-05 | Nr. 82 | Weitere Artikel von: Lore Ley