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    … redet für Deutschland

    Es war einmal ein Bundespräsident aus dem Sauerland, NSDAP- und CDU-Mitglied, dessen Denken und seniles Reden im Amt höchst lächerlich waren. Da schwang sich 1967 die Satirezeitschrift „Pardon“ mittels einer Langspielplatte (jüngere Leser schauen bei Bedarf bitte ins Lexikon!) zu einer fulminanten Verteidigung auf: equal goes it loose – Heinrich Lübke redet für Deutschland (Kunstmann ISBN 3-88897-4119; 26 Tracks, 36:13 Min.). Originalaufnahmen, Zitate und ironische Kommentare entlarven den kleinbürgerlichen Mief des Landes und seines höchsten Repräsentanten. Wer diese CD hört, weiß, warum die 68er dringend nötig waren!

    Mit Spott und Satire nahm einst schon Kurt Tucholsky die Kleinbürger ins Visier. Unerledigte Konten in Prosa und Gedichten (Patmos ISBN 3-491-91185-0;) des brillanten Journalisten und Texters werden vom Schauspieler Dieter Mann kongenial vorgetragen. Ob ein Ehepaar einen Witz erzählt, Herr Wendriner seine Frau betrügt oder ein Blick in die ferne Zukunft gewagt wird: Die Beiträge von Tiger, Panther und Co. sind heute noch frisch und aktuell.

    Den Juden, die in den 30er-Jahren in Deutschland bleiben mussten (oder wollten), stand ein grausames Schicksal bevor. Sie wurden gesellschaftlich isoliert, drangsaliert und später deportiert und ermordet. Dennoch gab es bei ihnen auch in dieser Zwangssituation ein kulturelles Leben und Schaffen. Der jüdische Kulturbund organisierte unter strenger Überwachung der Nazis Konzerte, Theater und Kabarettabende. Zores haben wir genug … (duo-phon 07083; 27 Tracks, 78:53 Min., ausführliche Infos) lautet das Motto einer Dokumentation, die Volker Kühn über das jüdische Kulturleben während der Nazizeit erstellte. Es werden die großartigen Leistungen, die Tragik und Widersprüchlichkeit, das Tröstende und Vergebliche, die Würde und der Humor der Akteure eindrucksvoll vorgestellt. Vieles, was darüber heute bekannt ist, stammt perverserweise aus den Unterlagen der Nazis, also der Überwacher. Eine ergreifende Dokumentation.


    Bestsellerfressen

    Wenn Wolfgang Nitschke sein großes Bestsellerfressen (WortArt 73084 / Lübbe ISBN 3-7857-3084-5; 12 Tracks, 78:40 Min.) veranstaltet, wird Schlachterplatte serviert. Was da zwischen Messer und Gabel kommt, wird klein gemacht. Ob Günter Grass, Brigitte Bardot, Mutter Theresa, Angela Merkel oder Rudolph Moshammer: Es bleibt nicht mehr viel von ihnen übrig – zumindest nix Gutes. Also, wer bei Literaturkritik feine Häppchen oder Süßigkeiten bevorzugt, sollte dieses Angebot tunlichst meiden. Wem aber gelegentlich der Sinn nach deftiger geistiger Nahrung steht, sollte hier mit Appetit zulangen.

    Das Bürogeflüster! (WortArt 73081 / Lübbe ISBN 3-7857-3081-0; 25 Tracks + Videoclip, 70:03 Min., Infos) von Hans Gerzlich ist ein außergewöhnliches Programm: Auf vordergründige Gags wird weitgehend verzichtet, stattdessen resultiert die Komik des studierten Wirtschaftswissenschaftlers aus der Spannung zwischen Geschwätz und Wahrheit in Büro, Werbung und Wirtschaft. Die banale und brutale Wirklichkeit vs. das Marketinggewäsch und das vermeintliche Expertenwissen (das hinterher alles ganz genau weiß), liefern ihm Stoff. Da gibt’s noch was zu Lachen und zu Lernen – keine schlechte Kombination!

    Glauben Sie ja nicht, wen Sie da vor sich haben (Blankomusik 82876724052 / Sony-BMG; live, 12 Tracks, 73:00 Min.) droht uns Günter Grünwald. Der bayerische Komiker plaudert sich durchs Programm, verplaudert sich, findet wieder zurück und verplaudert sich erneut. Er spannt den Bogen von der Domina zum Kasperletheater, vom Urlaub in Albanien zur Kleinkunstbühnengarderobe und von der Lebenskrise bis zur Kindererziehung. Leichthin geht er durch die Themen, die Pointen landen wie beiläufig, auch Vorurteile werden mal bedient. Er ist ein Meister seines Fachs, leichte, aber nicht seichte Unterhaltung ist sein Metier.

    Luise Kinseher, ebenfalls aus Bayern, müht sich um die Firma Glück & Co (WortArt 73028 / Lübbe ISBN 3-7857-3028-4; live, 17 Tracks + Videoclip, 65:10 Min.). In verschiedenen Rollen stellt sie das aufstrebende Unternehmen (und ihre Mitarbeiterinnen) vor, das Menschen glücklicher machen will. Frau Kinseher spielt ihre Parodie auf heutige Glücksritter glücklicherweise mit Witz und Tempo durch, das beglückte Publikum dankt den geglückten Abend mit glücklichem Applaus.

    2005-12-15 | Nr. 49 |