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    50 Jahre Festivals auf der Burg Waldeck

    artbild_350_burg_waldeck50 Jahre Festivals. 1964 gab es das erste Festival in Deutschland überhaupt, das Chanson Folklore International-Festival  auf der Burg Waldeck. Wader schaffte hier seinen Durchbruch, die Medien wurden auf Degenhardt und Mey aufmerksam, Hüsch, Süverkrüp, Colin Wilkie und Shirley Hart sangen hier genauso wie Hein und Oss, Schobert und Black, Mossmann, Witthüser und Westrupp, Odetta, John Pearse, Hedy West, Ivan Rebroff, Manollo Lohnes, Phil Ochs, Guy Caravan, Insterburg & Co, Floh de Cologne, Franz Hohler, Peter Rohland und viele mehr. Erich Fried las seine Gedichte vor.

    50 Jahre! Ein Grund zum Feiern, und viele von den „Ehemaligen“ wie Tom Schröder oder Jackie sind immer noch dabei.

    Am Freitag Abend starte das Jubiläumsfestival mit dem Kabarettisten Arnim Töpel und Sago, eine „Schule“ für Liedermacher unter der Leitung von Christof Stählin, der bereits bei den frühen Waldeckfestivals in den Sechziger Jahren dabei war. Sago – die Akademie für Poesie und Musik - hat hervorwagende Liedermacherinnen und Liedermacher hervorgebracht, die mittlerweile in der Szene einen guten Namen haben, wie Sebastian Krämer, der auf der Waldeck diesmal dabei war.

    Den Sonntag eröffnete der Gitarrist Martin C. Herberg, der mit seinen Klangcollagen begeisterte. Er befindet sich auf Abschiedstournee, weil er den Eindruck hat, das künstlerische Leistung in unserer Flach-Bildschirm und Privat-TV Gesellschaft keine Anerkennung mehr findet. Das Waldeckfestival mit vielen jungen Künstlern auf der Bühne erweckt nicht den Eindruck, dass es sich um eine Notalgieveranstaltung handelt. Das beweisen Gruppen wie die „Grenzgänger“, die das Thema des Jahres – 100 Jahre Erster Weltkrieg – mit ihren Liedern eindrucksvoll beleuchten, unter anderem mit einer frühen musikalischen Version von „Lili Marlen“.

    Mit Annette Degenhardt saß eine ausgebildete Klassikgitarristin auf der Freilichtbühne. Aber stilistisch ging es weit darüber hinaus. glänzte sie mit klassischen Eigenkompositionen. Bemerkenswert ihre volle Stimme, eine Überraschung für mich, da ich bis jetzt hauptsächlich Instrumentalstücke von ihr kannte. Am Ende langer, begeisterter Applaus des Publikums, für die sie sich mit einer Zugabe auf der Tinwhistle bedankte. Wer dieses Konzert verpasst hat, kann sich selbst beim Anhören ihrer aktuellen CD „It`s`s A Long Way“ überzeugen. Das wunderschöne Cover hat ihre bekannte Mutter Gertrude gezeichnet. Bestellungen an info@annette-degenhardt.com

    Überraschend auch der Gig von Astrid Barth mit ihrer Röhrenstimme und dem kongenialen Gitarristen Philipp Roemer. Intelligente deutsche Texte, die zu Groove-Chansons verarbeitet werden. Ihr aktuelles Album wurde mit dem „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ ausgezeichnet. Hohlköpfe, Tratschtanten und andere Dummies bekommen inhaltlich ihr Fett ab! Mit ihrem Song „Bleib jung im Kopf“ rannten sie bei den älteren Waldeckern offene Türen ein.

    Wer bei „Schnaps im Silbersee“ nur leichte humorvolle Unterhaltung erwartet hatte, wurde positiv enttäuscht. Mit dem Motto „Köpfe öffnen anstatt sie zu spalten“ spielten sie einen interessanten Mix aus aktuellen Politsongs und lebensphilosophischen Liedern wie  das humorige „Irgendwas geht schief!“ Auch Liebeslieder mit Zitaten wie „In die Decke kuscheln und den Winter überstehen“ sind eine weitere Facette der Liedermacher-Combo, die sich als Höhepunkt mit einem Lied von Colin Wilkie und Hannes Wader (One more City, one more town) auf Deutsch und Englisch verabschiedet, Gänsehaut pur und tosender Applaus.

    Aber auch Sänger, die vor 50 jahren schon dabei waren, stellten ihre aktuellen Lieder vor. Als Beispiel möchte ich Black nennen, der in den 60-80ern mit seinem Partner Schobert geniale, witzige Songs zwischen Politik und Blödelei mit perfektem zweistimmigen Gesang – unter anderem auf der Waldeck - vorgetragen hat. Nach Schoberts Tod und später nach dem Ende seiner bürgerlichen Karriere hat er neue Solo-CDs produziert. Wenn Schobert auch nicht zu ersetzen ist, der Bluesgitarrist  Matthias Bardong ist ein genialer Partner. Black macht einen Drahtseilakt zwischen politischem Lied, Limericks und humorigen Songs. Ein Höhepunkt sicherlich seiner mit Wortspielen gewürzten Songs ist eine Ballade über „Reiher-Air“, in der eine achtzigjährige Stewardess mit ihrem Vater als Pilot die Passagiere beglückt, so dass selbst Atheisten zum Rosenkranz greifen.

    Auch der „Dschungelcamp Song“ im Stil der „10 kleinen Negerlein“ geht in diese satirische Richtung.

    Den Abschluss des Abends machten die „Wellbrüder aus dem Biermoos“, ausgefallene Volksmusik mit frechen Texten , die schon manchen bayrischen Politiker in den Wahnsinn getrieben haben.

    Zum Ausklang des Festivals waren am Sonntag Juana, Colin Wilkie, die Pontocs aus den guten alten Zeiten angekündigt sowie „Youngsters“ wie „Circle  Nine“, Kai Degenhardt, Stoppok und „Schlagsaite“.

    Auch eine Diskussion unter der Leitung von Tom Schröder über die Frage nach Mythos, Legende und Gegenwart der Waldeck - kontroverse Stimmen - rundete das Festival ab. Bis zu „Waldeck 21“ wird sicher eine Entscheidung darüber gefallen sein, wie es um die Zukunft der Waldeck und des sympathischen Festivals bestellt ist.

    Redaktion: Bruno Schollenbruch  

     

    artbild_610_burg_waldeck_op 

     

    2014-06-18 | Nr. 83 | Weitere Artikel von: Bruno Schollenbruch