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  • Szenen Regionen :: Berlin

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    Berlin: Winter kalt, Herzen warm

    Hinter den Berlinern liegen eisige Nächte unter Einfluss des Moskauer Frosts. Trotz der steinernen Kälte war man aber froh, dass es kein lauer, matschiger Winter mit ödem Regen war. Denn Regen in Berlin ist nie so poetisch wie das gleichnamige Chansonprogramm, mit dem Tim Fischer in gewohnter Ausdrucksstärke das Publikum erfreute. Das gelang ihm umso besser, weil der Chansonnier, wie er verlauten ließ, das Rauchen aufgegeben hat, und seine beeindruckende Stimme jetzt durch nichts mehr gestört wird.

    Richtig im Regen stand dafür Angelika Milster, im übertragenen Sinn. Obwohl sie über 1.000 Karten für ihr Gastspiel „Von ganzem Herzen“ im Hansa-Theater vorverkauft hatte, schloss das Theater noch vor Beginn der zweiten Spielwoche. Der vierte Betreiber in Folge musste Insolvenz anmelden, seitdem das Haus in Moabit keine Förderung mehr erhält (Trottoir berichtete). Die Milster musste eilig einen anderen Spielort finden und verkündete in allen Zeitungen, dass zwar die Presse, nicht aber die engagierten Künstler über die bevorstehende Schließung des Theaters informiert worden seien. Mithilfe diverser Berliner Zeitungen fand die beliebte Sängerin dann kurzfristig eine andere Bühne, die sie für die Dauer eines Konzertes aufnahm: Das Theater des Westens war so freundlich. Die Fans ließ man mit den eigentlich wertlos gewordenen Tickets des Hansa-Theaters hinein. Ein wirklich feiner Zug.

    Relativ warm wurde es kurzzeitig im „Quatsch Comedy Club“ von Thomas Hermanns. An einem Morgen im Dezember brannte es plötzlich in einem Büro über dem Theater, das im Keller des Friedrichstadtpalastes untergebracht ist. Die Feuerwehr hatte einen Großeinsatz, verletzt wurde niemand, und außer ein paar versengten Dekoteilen und einigen wenigen abgesagten Vorstellungen ist auch nichts passiert. Herrmanns, dessen QQC vor einigen Jahren aus Hamburg nach Berlin gezogen ist, hat weiterhin so großen Erfolg, dass er im Januar eine Zweigstelle seiner Stand-up-Bühne eröffnet hat – in Hamburg.

    Ebenfalls richtig gemacht hat es die „Chanson-NetteJeannette Urzendowsky, die sich seit einigen Jahren um die Pflege der guten alten Berliner Kleinkunst-Gassenhauer aus der Weimarer Republik kümmert: Die Singkabarettistin ist zu Beginn des Jahres mitsamt Pianistin für eine Chanson-Tournee nach Afrika gereist. Den Namibiern – und vielleicht einigen heimwehkranken Berlinern – schmettert sie Chansons aus ihren beiden Programmdauerbrennern „Mensch Puppchen“ und „Total Nett“ vor.

    Wie schon berichtet hat sich die Großproduktion „Cabaret“ von der Bar jeder Vernunft längst auch zum Großerfolg entwickelt. Im Januar gab es jetzt noch einmal Wechsel in der Besetzung. Die Rolle des Fräulein Schneider, seit der Premiere glamourös gegeben von Angela Winkler, hat im Januar Eva-Maria Hagen übernommen. Die ist nicht nur eine der großen alten Damen der DDR-Schauspielkunst, sondern auch Stamm-Mutter der Hagen-Sippe, welche mit Cosma Shiva Hagen das deutsche Kulturleben schon in dritter Generation mit extravaganten Künstlerinnen bereichert. Cosmas Mutter ist ja bekanntlich Sängerin Nina Hagen, die sich nicht erst mit dem bizarren Wortduell unsterblich machte, das sie sich im vergangenen Jahr in Sandra Maischbergers TV-Show mit der Politaktivistin Jutta Ditfurth lieferte.

    Jahrzehnte zuvor hatte Nina Hagen ihre Post eine Zeit lang ins Berliner Tempodrom zugestellt bekommen. Bei dieser Spielstätte hat sich in diesem Winter ein Kreis geschlossen. Nach dem unfreiwilligen Abgang der Gründerin Irene Moessinger ins Kloster (Trottoir berichtete), beherbergte der Neubau in der Weihnachtszeit erstmals wieder – einen Zirkus: Roncalli spielte hier „im größten Zirkusbau Europas“. Und so ist das glücklose neue Tempodrom wieder zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. Wir erinnern uns: Gestartet war es als alternative Kleinkunstbühne in einem alten Zirkuszelt im Tiergarten, fast genau dort, wo heute Angela Merkel den Kabarettisten und Comedians neue Steilvorlagen liefert.

    Redaktion: Susann Sitzler

     

    Termine ab April

    Wühlmäuse:

    1./2. April: Richard Rogler: „Ewiges Leben“ (Kabarett)

    2./23. April: Martin Buchholz: „Freiheit für Angela“ (Kabarett)

    3.–5. April: Gayle Tufts: „Miss America“ (Dinglische Musik-Comedy)

    6./7. April: Lisa Fitz: „Lex Mihi Ars“ (Kabarett)

    8. April: Serdar Somuncu: „Hitler-Kebap – Getrennte Rechnungen“ (Kabarett)

    12.–14. April: Frank Lüdecke: „Elite für alle“ (Kabarett)


    Mehringhoftheater

    4.–8./11.–16. April: Pigor & Eichhorn: „Volumen 3b“ (modernes Kabarett-Chanson)

    19.–22. April: Männerkulturen: „Knallzart“ (Bewegungscomedy)

    25.–29. April: Severin Groebner: „Lauter Liebe Leute“ (Kabarett)


    Quatsch Comedy Club (Berlin):

    1./2. April: „Club Mix“, Mod. Ole Lehmann. Mit Astrid Gloria Irmer, Murat Topal, Sven Kemmler und Die Improtronics (Stand-up-Comedy)

    6./7./8. April: „Club Mix“, Mod. Horst Fyrguth. Mit Bülent Ceylan, Michael Niavarani, Stephan Denzer und Rainald Grebe (Stand-up-Comedy)

    13. April: „Club Mix“, Mod. Desimo. Mit Roberto Capitoni, Gregor Mönter, Andreas Krenzke und Emmi und Herr Willnowsky (Stand-up-Comedy)

    20.–23. April: „Club Mix“, Mod. Emmi und Herr Willnowsky. Mit Matthias Seling, Topas, Ping Piepenbring und Ole Lehmann (Stand-up-Comedy)

    27. April: „Club Mix“, Mod. Thomas Nikolai. Mit Volker Weininger, Rebecca Carrington, Daniel Rheinsberg und Die Improtronics (Stand-up-Comedy)

    2006-03-15 | Nr. 50 | Weitere Artikel von: Susann Sitzler