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    Ist Denken jugendgefährdent ?

    Stellt euch vor: Ein Kabarettabend. Ja, mit großem “K” und “TT”. Kabarettkenner legen immer sehr viel Wert auf diese Schreibweise. Eine Frau und zwei Männer stehen auf der Bühne. Endlich kommt die verdiente Pause. Einer macht keine, ein Beamter im Dienst steht plötzlich vor der jungen Kabarettistin und sagt ungefähr Folgendes: “Wenn Sie im zweiten Teil  des Programms auftreten, wird dieser Laden geschlossen!”.

    Eine Satire, ein seltsamer Witz? Nix! So geschehen im ersten Ruhrgebietskabarett , dem Lästaurant in Essen. Die vom Amtsschimmel bedrohte Dame, Sybille Fuchs, mit 13 Jahren Deutschlands jüngste Kabarettistin. Sie tritt im Trio mit ihrem Vater Dr. habil. Matthias Rothe und dessen Sohn Michael in dem Programm “DAS HERZ AM RECHTEN GAG” auf.

    Ein Gesetz verbietet Kinderarbeit. Die Minderjährige soll nicht mehr auftreten dürfen.

    Der freundliche Beamte vom staatlichen Amt für Arbeitsschutz wiederholt seine Drohungen, stellt ein Bußgeldverfahren bei weiteren Auftritten in Aussicht. Kinder dürfen leichtgeschürzt in Zirkussen auftreten, als Chorkinder beim Stella Musical-Konzern sich für “Joseph” vermarkten lassen, dürfen Theater spielen, aber kein Kabarett. Das Gesetz macht bis heute keinen kleinen Unterschied zwischen politisch-satirischen-literarischen “KABARETT” und “Tingeltangel-CABARET”. Dieser feine Unterschied übersteigt den Horizont der Beamtenschaft. Eine Lawine wird losgetreten, die nicht das Kabarett überrollt, sondern die Essener Ämter. Zufällig ist eine Journalistin von der WAZ anwesend, die eine Kritik schreiben will. Die Schlagzeilen des nächten Tages: “Amt erteilt Bühnenverbot” und “Kinderarbeit im Kabarett?” erreichen, daß den Ämtern sofort Zeitungen, Fernsehsender und Magazine auf den Füßen stehen. Tagelang zahlen wir unsere Steuergelder, damit Ämter Promotion-Interviews für ein Kabarett geben können. Soll noch einer sagen, die öffentliche Förderung von kulturellen Einrichtungen würde vernachlässigt! Und sie haben in ihrem Eifer noch eine Gesetzesänderung vorbereitet. Sybille Fuchs und Matthias Rothe haben diesen vom Amt ins Rollen gebrachte Realsatire-Stein in Richtung Bonn und Düsseldorf umgelenkt. Die Petitionsausschüsse des Landtages und des Bundestages beschäftigen sich mit dieser Angelegenheit. Schon nach einer Woche können die Essener Gazetten verkünden: “13jährige darf weiter lästern”. Das NRW-Kultusministerium will der 13jährigen Sybille Fuchs per Ausnahmegenehmigung erlauben, weiter an der Seite von Stiefvater Matthias Rothe im “Lästaurant” mitzuwirken.” Damit ist diese Schildbürgergeschichte noch nicht zu Ende. Rothe hat Strafanzeige gegen das Staatliche Amt für Arbeitsschutzu wegen Nötigung erstattet.

    Und im Bundestag wird in Kürze ein neues Gesetz verabschiedet, das den Unterschied zwischen und Cabaret französchen Ursprungs berücksichtigen will!

     

    1999-03-15 | Nr. 22 |