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    21. Reinheimer Satirelöwe - ein Fressen für die Löwen

    Satirewoche – Klassisches Polit-Kabarett überzeugt die Reinheimer Jury, das Publikum favorisiert Liedermacher

    Volker Weininger, das Parkbank Duo und die Liedermacher „Simon und Jan“ sind die Gewinner der Reinheimer Satirelöwen. Am Donnerstag war die Preisverleihung im Hofgut.

    Kleinkunst lebt ja oft von kleinen Honoraren und großem Idealismus. Da kann man die Enttäuschung verstehen, wenn die Helden von einst sich fürs große Geld verkaufen. Dass Moritz Bleibtreu als Cheeseburger auf Beinen Werbung für McDonald’s macht, ist Simon Eickhoff und Jan Traphan eine melancholische Klage wert. Dann klingt das Duo „Simon und Jan“ mit seinen Gitarren so sedierend sanft wie Simon und Garfunkel: Liedermacherton der 68er mit Themen von heute. Auch über den Stumpfsinn auf Youtube können Simon, der Schweiger mit Dreadlocks, und Jan, der mürrische Struwwelkopf, säuselnd singen. Dafür gab es bei der 21. Reinheimer Satirewoche den Publikumspreis. Die beiden Jurypreise gingen an Vertreter des klassischen Politkabaretts: Volker Weininger aus Bonn, der seit fünf Jahren solo auf Tour ist, und das „Parkbank Duo“ aus Westfalen, das bereits 2007 in Reinheim siegte.

    Reich werden die Kleinkünstler auch in der Satirewoche nicht, aber sie können sich besser vernetzen. Die Jury setzt sich aus Kulturamts- und Theaterleitern zusammen, die Preise bestehen in garantierten Auftritten auf Bühnen der Region. Dass dort immer mehr Solisten Schlange stehen, immer weniger Gruppen anfragen, ist ein Trend, der auch die Macher des Reinheimer Festivals beschäftigt. Comedy und Poetry Slam locken als vermeintliche Abkürzung ins Fernsehen, der beschwerliche Weg über die kleinen Bühnen erfordert nicht selten den ausdauernden Hungerkünstler. Allein mag man das wagen, in der Gruppe werden die Herausforderungen eher größer. Dass zwei junge Männer auf dem Weg ins Lehramt sie annehmen und freie Künstler werden, ist ein Wagnis. Der Reinheimer Publikumspreis an „Simon und Jan“ signalisiert, dass der harte Weg, auf dem sie sind, der richtige sein mag.


    Sie suchen die Komik in der Komplexität

    mgt_Parkbank_arbeit_hat_freiMichael Greifenberg alias Stani und Michael Turmbrink sind solo und im Duett schon seit Jahren unterwegs auf der Langstrecke zur Satire. Vor sechs Jahren gewannen sie bereits den Reinheimer Satirelöwen, nun haben sie die Jury erneut überzeugt, mit „darstellerischer Wucht“ und „teils valentinesk-skurrilen Dialogen“, wie es auf der Urkunde heißt. Bei der Preisverleihung im Hofgut präsentieren sie sich mit zwei Minidramen, die fast schon den Anspruch kleiner Lehrstücke haben. Ein Mann will alte Quittungen beim Finanzamt abgeben und gerät in eine Debatte über Pro-Kopf-Verschuldung und Peter Sloterdijks Vorschlag, Steuern durch freiwillige Abgaben zu ersetzen. Sanitäter und Polizist stehen mit ihrem Sprungtuch im nächsten Sketch vor dem Dilemma, dass der Mann auf dem Dach nicht springt, wenn sie unten stehen, die beiden aber eine 48-Stunden-Schicht hinter sich haben. Da sind einfache Lösungen, knallige Parolen und Pointen nicht zu haben. Stani und Turmbrink suchen die Komik in der Komplexität. Dass solche Szenen auch zäh sein können, nehmen sie in Kauf: Schnell und schlicht ist nicht ihr Ding.


    Lange glimmt die Lunte an der Pointe

    Die konventionellste Spielart des politischen Kabaretts vertritt unter den Preisträgern Volker Weininger. In seinem Solo kommen das Kanzlerduell und der Erpressungsversuch des Kandidaten Steinbrück durch einen Postvorstand ebenso dran wie Margot Käßmann, Annette Schavan, Christian Wulff und Silvio Berlusconi. Da merkt man allerdings auch, dass Kabarett mit tagesaktuellem Bezug oft eine geringe Halbwertszeit hat. Der Rheinländer Weininger gleicht das mit einem verschmitzten Auftritt aus. Die Jury lobt denn auch die „Authentizität seiner Bühnenfigur“ und seinen „Mut, mit leisen Tönen und langen Lunten die Pointen knallen zu lassen“. Vor allem ist der Bonner mit dem Mundwerk so gut zu Fuß ist, dass sein Witz trotz Fußballverletzung und Orthese nicht eingeschränkt wirkt.

    Ohne Satirelöwen, aber auf schräge Art durchaus preiswürdig ist an diesem Abend das inoffizielle Duo „PJ & Kaffenberger“. Wie der Darmstädter Moderator Peter Jörg Hoffmann von „Kabbaratz“ und Mark Kaffenberger vom Sponsor Volksbank Odenwald durch den Abend führen, das wirkt ausbaufähig: Der Kabarettist trietzt den Banker mit Fragen nach Nullzinspolitik, verschwindenden Tagesgelderträgen und hohen Dispo-Raten, der Banker lobt lieber Frau und Töchter und will dem Moderator ein Girokonto andrehen. Wenn der Bankkaufmann dem Kabarettisten beibringt, wie man Satire mit Rendite macht, dann wäre das ja ein schönes Zeichen für alle Hungerkünstler.

    Redakteur: Stefan Benz

    Pressebericht:Quelle

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    2013-09-01 | Nr. 80 |