Clown zu werden, schon e-her!
Singen kann man lernen, tanzen ebenso, Schauspielschulen sind wohlbekannt, und ganz ohne Talent kommt auch mit Ausbildung niemand weiter. Aber wie sieht das bei den Clowns aus? Ist einer, der Witze erzählen kann, schon prädestiniert? Wer das Berufsziel "Clown" verfolgt, wird bald feststellen, dass viele kleinere Clownsschulen Einsteigerkurse anbieten, berufsbegleitende 2-semestrige Aus- oder Weiterbildungen oder Block-Workshops. Diese richten sich an Schauspieler/Tänzer/Musiker und generell Interessierte, die zwar eine intensive Grundausbildung absolvieren wollen, aber nicht gleich eine Vollzeitausbildung beginnen wollen, sei es, dass sie bereits in ihrer jeweiligen Kunstsparte arbeiten oder sich noch nicht über die Tragweite des Clowns in sich im Klaren sind.
Die Voraussetzungen
"Die Kunst des Stolperns" in Freising ist eine neue Clownsschule, die im November ihre Pforten öffnet. Drei Mitglieder des Vereins KlinikClowns e.V., Elisabeth Makepeace (Gründerin und Leiterin), Peter Spiel (künstlerischer Leiter) und Stefan Schiegl (langjähriger KlinikClown) haben sich zusammengeschlossen, um der ständig steigenden Nachfrage nach Ausbildungsmöglichkeiten zum Clown nachzukommen und die Schule gegründet.
Peter Spiel erklärt das Wesentliche der Clowns-Ausbildung: "Neben den Techniken wie Improvisation und Timing und grundsätzlich sinnvollen Disziplinen, wie Texterarbeitung, Körper- und Stimmtraining, wird bei einer Clownausbildung die Figur des individuellen Clowns erarbeitet, also der eigentliche Charakter geboren. Und dieser wird für jeden einzeln entwickelt, denn unsere eigenen Schwächen sind die Stärken des Clowns. Die einzelne Clownsfigur hat also ganz viel mit der Persönlichkeit des Clowns in spe zu tun. Gleichzeitig schafft man durch das bewusste Ausstellen Distanz, und die ist nötig, damit über uns gelacht werden kann. Hat man das erst mal verinnerlicht, kommen Nähe, Zartheit und Angerührt-Werden, wieder quasi von allein dazu."
Seit LeCoq in den 50er Jahren den Clown aus der Manege auf die Bühne holte, gibt es neben dem Zirkus-Clown, der mit großen Gesten agiert, eben den Bühnen-Clown, der im intimeren Rahmen und leiser arbeitet. Weitere Unterscheidungen betreffen den Musik-Clown, den Anarcho-Clown (wie Jango Edwards) oder auch den Klinik-Clown, der in Kliniken und Seniorenheimen Patienten und Bewohner aufheitert und den Alltag verschönt.
Die Ausbildung richtet sich an alle an Clownerie Interessierte, an SchauspielerInnen und SchauspielschülerInnen, TänzerInnen und MusikerInnen etc.
Um sicherzugehen, dass LehrerInnen und AusbildungsteilnehmerInnen miteinander arbeiten können, findet vor der Ausbildung ein Gespräch mit einer kurzen Improvisation statt, bei dem alle Fragen geklärt werden. Erst danach folgt die verbindliche Aufnahme für die Grundausbildung.
In den Grundkursen mit durchschnittlich 10 bis 15 Schülern pro Klasse wird zunächst eine Basis gelegt, um mit Stimm- und Körpertraining, Arbeit mit einer Maske, Zusammenarbeit mit einem Partner und Improvisationstechniken das Handwerkszeug vorzustellen und einzuüben. Parallel dazu wird die Person des Clowns entwickelt, denn nach den groben und starren Typen des Zirkus-Clowns hat sich heute eine breite Palette verschiedener Clowns ausgeprägt, so dass der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind. Der Clown funktioniert als Projektion, als Spiegelfläche der Gesellschaft. Der Zuschauer erkennt die Fehler des Clowns und darf über sie lachen. Dadurch unterscheidet sich das Fiasko des Clowns fundamental von dem der Privatperson. Gerade in einer Gesellschaft, die Fehler immer schärfer sanktioniert, wird eine Figur, deren Fehler verzeihlich sind, und die Fehler für uns begeht, immer wichtiger.
In der Freisinger Schule bemüht man sich, die Clowns-Figur aus der Person selbst zu entwickeln und auch ein Bewusstsein dafür zu schaffen, worüber ein Publikum lacht. Peter Spiel illustriert das Prinzip: "Wenn ich klein und dick bin, dann mag mich das in meinem privaten Leben stören. Im Clownsberuf mache ich das aber zu einer Charaktereigenschaft, die lachhaft wird, etwa weil ich versuche, einer langen und dünnen Partnerin einen Kuss zu geben und dazu eine Leiter brauche. Oder weil ich immer hochhopsen muss, um irgendwo etwas sehen zu können. Ich muss mir darüber im Klaren sein, dass die Leute über den Clown lachen und nicht über mich als Person. Dann kann ich sehr präzise mit den Dingen komisch arbeiten, die ich schon mitbringe. Das herauszuarbeiten, ist ein wichtiger Teil unserer Ausbildung. Es beinhaltet ein Akzeptieren des eigenen Charakters und speziell der inneren und äußeren Schwächen. Das ist nicht immer einfach. Und dann muss auf der Bühne daran gearbeitet werden; diese Schwächen als komische Grundlage der jeweiligen Persönlichkeit erkennbar werden zu lassen."
Nebenbei funktionieren die Schulen auch häufig als erste Drehscheibe für Auftritte und Engagements, durch ein schwarzes Brett, Internet-Links oder schlichte Kontakte, oder wie hier, indem die KlinikClowns die Absolventen einsetzen können. Eine Clowns-Ausbildung hat insofern einen geradezu mittelalterlichen touch, als das Polieren der Figur vor allem im direkten Kontakt mit dem Publikum passiert, und so wird bei den meisten Seminaren eine halb-öffentliche Aufführung mit eingeplant, denn wie Peter Spiel sagt: "das "Stolpern" gehört fundamental dazu, auch im übersetzten Sinne: ob eine Situation oder ein Text komisch wirken, entscheidet sich erst im Publikumskontakt. Klappts - wunderbar, klappt´s nicht, bin ich "runtergefallen" und - muss weiter daran arbeiten." Am Ende der Ausbildung erarbeitet jede/r eine eigene Nummer mit oder ohne Partner, die bei einer Abschlussvorstellung vor Publikum gezeigt wird. Jede AbsolventIn erhält ein Diplom.
Redaktion: Gabi Sabo
Clowns-Grundausbildung in Freising bei München:
vom 17. Februar 2003 bis 13. Juli 2003 (Unterricht in 6 Blöcken) Weitere Infos bei „Die Kunst des Stolperns“ - Schule für Clowns Major-Braun-Weg 12, 85354 Freising Tel. 08161-41805, Fax 08161-144731 und www. KlinikClowns.de
2002-09-15 | Nr. 36 | Weitere Artikel von: Gabi Sabo