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    Prix Pantheon 2015


    ...mit dem diesjährigen Jurypreisträger Sebastian Nitsch. Der Publikumspreis ging an das Duo Suchtpotenzial.

    artb_200_Schroeder_FlorianDer 21. Prix Pantheon erschien 2015 in einem komprimierteren Konzept. Am ersten Abend traten 10 Künstler aus den Bereichen Musikkabarett, Poetry Slam, Impro-Comedy, Alko-Pop, klassisches Kabarett und klassischer Stand-up Comedy jeweils 10 Minuten gegeneinander an. Die hochkarätige Jury war besetzt mit der Programmplanerin des Pantheons Martina Steimer, Fernsehautor und Kabarettist Thomas Lienenlüke, der Kabarettistin Barbara Ruscher, Redakteur der Mitternachtsspitzen Klaus-Michael Heinz und Redakteur Michael Lohse von WDR 5 - alle unter dem Juryvorsitz des in Berlin lebenden Klavierkabarettisten Bodo Wartke.

    Der Host des Abends war, wie auch im letzten Jahr, Kabarettist und Parodist Florian Schröder (Bild), der eine hochprofessionelle Moderation ablieferte. 

    An Startplatz Nummer 1 und als Anheizer kam die Improvisationsmaschine Sascha Korf auf die Bühne. Er erzählte von seinen Erlebnissen im Fitnessstudio. Von Trainern die Muskeln an Stellen haben, wo er noch nicht mal Stellen hat. Er hat den Fußball von heute zu früher verglichen oder zog auch die Behandlung, die manche Modeverkäufer gegenüber ihren Kunden drauf haben, durch den Kakao. Er lieferte ein Feuerwerk der Pointen und gab dem Publikum somit eine gute und positive Energie.

    Der zweite Künstler war energetisch eine ganz andere Nummer als der Erste. Sebastian Nitsch schenkte dem Publikum ein Potpourri an liebevollen Alltagsdetails in seiner ruhigen, charmanten Art. Musikalisch unterstrichen mit seinem Umhänge-Keyboard deckte er die Machenschaften der Werbeindustrie bei Frauenshampoos auf. Er sprach darüber, wie der Mensch Umwelt und Tier über Jahrtausende nach und nach zerstört und lieferte dem entsprechende Beispiele.

    Poetry-Slam Königin Sarah Bosetti beglückte das Publikum mit ihren Texten: "Wenn ich mal groß bin, will ich alt werden" und einem "Familienurlaubstext". Sie sprach darüber, wie man sich im Älterwerden verändert und das die Abenteuer nicht weniger werden. Sie nehmen nur neue Formen an.

    Politkabarettist Rene Sydow kam mit einem lustigen Spruch auf die Bühne: Auf der Toilette im Reichstag hängt ein Schild "Herzlichen Glückwunsch: Sie sind der einzige in diesem Gebäude, der weiß, was er tut." Aktuelle politische Nachrichten stellte er satirisch vor. Verhöhnte TV Castingshows, die nun mehr seit über 10 Jahren stattfinden und nichts weiter als eine fleischverarbeitende Masse sind.

    Der fünfte Künstler tänzelte sich im lila Anzug mit Gitarre auf die Bühne - Friedemann Weise. Er beschwerte sich über die Regie, die schon vor 2 Monaten seinen Text, den er heute macht, haben wollte. Woher hätte er es da schon wissen können? Und dann regen wir uns über Scripted Reality auf. Eine Aneinanderreihung von Weises Lustigkeiten, die nicht zusammen passen mussten, um das Publikum zu unterhalten. Allein seine spastischen Aussetzer, die er noch musikalisch auf der Gitarre untermalen konnte, brachten das Publikum in eine überschwengliche Euphorie.

    Nach der Pause wartete das Publikum und die Künstler auf die Jury. Die daraufhin von Florian Schröder noch mal auf's Korn genommen wurde.

    artb_350_SuchtpotenzialSuchtpotenzial (Bild), zwei Rockgören, die ein neues Genre namens Alko-Pop am Kleinkunsthimmel ins Leben gerufen haben, betraten den Kabarett-Olymp. Mit ihren Songs "Frau sucht Bauer" und "Marmelade" rissen sie die Hütte ab. Ein Mädels-Duo, das mehr als singen kann. Sie unterstreichen ihre Songs mit improvisierter Komik, selbstbewussten und kraftvollen Gestiken und Mimiken. Zwei Frauen, die sich was trauen.

    Benaissa, ein Rebell-Comedy-Künstler betrat als siebter Künstler die Bühne. Er sprach über die Probleme, die er immer mit seinem Namen hat, dass wir in Deutschland kein hartes, sondern ein be-haartes Leben haben und das in Deutschland die Pinzette super wichtig ist, wenn man dicke Augenbrauen hat, weil man sonst keinen anständigen Job bekommt. Auf eine Augenbraue, die sich durch das ganze Gesicht zieht, hat ja schon Bert, von Ernie & Bert, das Monopol.

    artb_200_Till_ReinersTill Reiners (Bild) arbeitete das Thema "Dummheit" aus und gab Einblicke in verschiedenen Stufen der Dummheit. Dass wir alle für kritischen Journalismus sind, aber dann bei Videos von Lady Gaga hängen bleiben, sei normale Dummheit. Dass wir aber zehn Bier und mehr trinken und uns dann am nächsten Tag wundern, dass wir einen Kater haben, dass sei richtige Dummheit. Erwachsen werden bedeutet: Freundschaft mit seiner eigenen Dummheit schließen.

    Kai Spitzl fragte sich, warum wir uns so über die Russen aufregen, die sich die Krim in ihr Warenkörbchen gelegt hatte? Die Amerikaner waren die Ersten auf dem Mond und stellten die Flagge drauf. Wenn wir Deutschen etwas entdecken oder besetzen wollen legen wir ja auch unser Handtuch drauf. Er witzelte über die Ordner, die sich beim Köln-Marathon wichtig tun und sich aufführen wie ein Hausmeister in der Schule. Er hat sich jetzt auch als Ordner beim Marathon beworben. So kommt er überall durch.

    Der Belgier Olivier Sanrey machte dem Publikum klar, dass Belgien ein Asyl-Land für Deutsche Politiker ist, die keiner mehr haben will. Er sprach davon, dass er als Kind Deutschland gar nicht so toll fand, weil er nur eine Sendung damals aus Deutschland kannte und das war: "Derrick". Niemand hat je bei einer Derrick-Folge das Ende gesehen, weil man immer vorher eingeschlafen ist. Da hat der Sender getrickst, um die Einschaltquoten zu erhalten, weil man ja nicht mehr umschaltet, sobald man schläft. Er wunderte sich, warum wir Deutschen uns so über den Bahnstreik aufregen, da man es in Belgien nicht einmal merken würde, wenn die Bahn ausfällt. Die Langsamkeit des Zuges in Belgien gibt jedem das Gefühl, dass das Land sehr groß ist.

    Und somit ging der Vorrundenabend zu Ende. Die Jury nominierte für den finalen Abend: Till Reiners, Friedemann Weise, Sebastian Nitsch und Kai Spitzl. Das Publikum nominierte Suchtpotenzial.

     

    Der Tag 2

    Der finale Abend wurde live im WDR übertragen. Florian Schröder erklärte dem Publikum, dass, wenn man den Prix Pantheon nicht gewinnt, man die Show irgendwann moderieren darf. Zumindest ist es bei ihm der Fall. Er hat sich gut vorbereitet und brachte eine vorbildliche Moderation im Stile von Günther Jauch.

    Der erste Stargast war Tobias Mann, der über die neusten Entwicklungen in der Wirtschaft sprach. Er erklärte dem Publikum, dass Auszeichnungen erfundene Marketinginstrumente seien. Billy Wilder hat gesagt: "Sie seien wie Hämorrhoiden. Irgendwann kriegt sie jedes Arschloch." Praktiker ist ja pleite gegangen, weil die es nicht verstanden haben. Die haben gesagt 20 % auf alles - außer Tiernahrung. Die haben Marketing nicht verstanden. Frau Merkel würde das anders machen. 20 % auf alles, 40 % auf Tiernahrung. Und irgendwann gibt's eine Katzensteuer. Das ist Merkelting.                                 

    artb_200_Friedemann_WeiseFriedemann Weise (Bild) kam als erster Nominierter in den Saal. Er verglich den Kleinkunstwettbewerb mit der Formel 1. Erster Platz in der Formel 1  ist gut. Erster Platz bei einem Kleinkunstwettbewerb eher schlecht. Er echauffierte sich darüber, dass es immer mehr schlechtere Bücher gibt. Jeder Vollidiot schreibt heutzutage ein Buch. Deshalb habe er jetzt auch eins geschrieben mit dem Titel: 111 Bücher, die es Gott sei Dank nicht gibt". Darunter zeigte er in großen Abbildungen: 111 Fotos, die er bei dm geklaut habe oder 111 ausgefüllte Sudokus.

    Politikwissenschaftler Till Reiners lehrte die Zuschauer, dass die große Koalition im Kopf beginnt. Hierzu ein Beispiel: Sperre zwei Leute und einen Kuchen in eine Zelle. Lass die zwei Leute alleine mit dem Satz: "Guckt wie ihr den Kuchen unter euch aufteilt." Dann kann es sein, dass einer denkt: "Wir können ihn halbieren, aber dann kriege ich nur die Hälfte" - und sticht den anderen ab. Schaufelt den Kuchen bis zur Hälfte in sich hinein und ist dann satt. Ich glaube das ist Kapitalismus.                 

    Sebastian Nitsch philosophierte darüber, dass wir die Gegenwart verpassen mit der heutigen neuen Technik. Wir rennen nur noch mit unseren Smartphones durch die Gegend und wischen was das Zeug hält. Unsere Urururenkel werden alles Ärsche mit wischenden Zeigefingern sein und einer zischenden Aussprache. Wenn man seiner absoluten Liebe Ausdruck verleihen will sagt man: "Sch`lieb disch rischtisch wirklisch. Schwöre!" Er rätselte, ob müde Haut nicht einfach einschlafen kann. Was soll denn passieren, wenn wir müde Haut einschlafen lassen? Ein großartiger Künstler, der die kleinen Sequenzen unseres Alltags hervor zaubert und sie in einem neuen Licht erscheinen lässt. 

    Nachdem Florian Schröder auch für den WDR die Jury vorgestellt hat, kamen die beiden Rockgigantinnen von Suchtpotenzial auf die Bühne. Sie erklärten, dass sie die Sparte Alko - Pop bedienen und Musik von Betrunkenen für Betrunkene anbieten. Mit Ihrem Song „Wenn mein Leben ein Musical wär‘…“ zeigten Sie dem Zuschauer ihr vielseitiges Talent in allen Musikgenres.

    artbild_200_Kai_spitzlKai Spitzl (Bild) stellte mit dem Satz „gucken Sie mal einen Nachmittag Fernsehen, dann wissen Sie, warum die Fernseher Flachbildschirme heißen“ fest, dass im TV einiges schief läuft. Er regte sich darüber auf, dass Sigmar Gabriel das Freihandelsabkommen schön redet. „Benzin wird demnächst aus Körperfett gewonnen. Dann braucht Gabriel nicht mehr tanken!“.

    Der zweite Stargast des Abends war Rainald Grebe, der mit seinem rosa Tutu - einfach über die Hose gezogen - und einem Umhängebart, der erst unter dem Kinn anfing, auf die Bühne kam. Scheint derzeit sein Lieblingsoutfit zu sein. Er sang wieder den Vergleich zum Morgenland und Abendland und beschrieb seinen Bart. „Ich habe einen Bart aus Dichtungshanf. Sehr wohlriechend.“ Wie immer ein schräger Knaller.

    Damals gab es nur drei Samstagabendshows, erklärte Florian Schröder  „Wetten das?“, „Verstehen Sie Spaß?“ und „Geld oder Liebe“. Und somit holte er den Laudator und Hausherren Rainer Pause auf die Bühne, der die Ehre hatte, den Sonderpreisträger Jürgen artb_350_J_v_d_Lippe_Preisuvon der Lippe anzukündigen. Carolin Kebekus hat für den Ehrenpreisträger eine Grußbotschaft hinterlassen, da sie selbst heute Geburtstag habe und deshalb nicht die Laudatio für ihn halten könne. In seiner Dankesrede hat er über seine Erlebnisse auf Tour als dienstleistender Künstler gesprochen, welche Sprüche er sich angeeignet hat, wenn er auf der Straße erkannt wurde. Oder das Erlebnis, als sein Tour-Begleiter und er angehalten haben, um nach einen Ort zu suchen und dann ein Fahrradfahrer in voller Montur an die Scheibe des Autos geklopft hatte und sie darauf hingewiesen hatte, dass sie hier nicht so lange halten können. Er hätte am liebsten schlagfertig geantwortet, was ihm in dieser Situation nicht gelang. Erst abends fiel ihm ein: „Kennst du den Unterschied zwischen mir und einem Schneemann? Den Schneemann kannst du nur im Winter am Arsch lecken.“   

    Mit einer sehr authentischen Parodie auf den nächsten Stargast kündigte Florian Schröder den Stammkünstler der Mitternachtsspitzen an.

    Wilfried Schmickler kam mit Burn-over-Syndrom auf die Bühne, er habe sich gefragt, was wohl der Untergang des Abendlandes mache und seine Nachbarn mit Migrationshintergrund dazu befragt. Die haben teilweise nicht zu gehört und waren eher mit sich selbst beschäftigt.  

    Dann war es endlich soweit: Rainer Pause verlieh den Publikumspreis an das Duo Suchtpotenzial. Und das zu Recht. Die zwei Rockgigantinnen haben in der Vorrunde als auch am finalen Abend den lautesten Applaus eingeheimst. Darüber hinaus kann sich die Kleinkunstszene jetzt um zwei ausgezeichnete Ladies bereichert fühlen - wie schon lange nicht mehr. 

    In Ihrer Danksagung spielten Sie die Suchtpotenzial – Hymne „Penisneid“.

    Der letzte Stargast an dem Abend war Torsten Sträter, der, sobald er auf die Bühne kam, schon für Brüller sorgte. Allein mit seiner Art der Begrüßung und weit ausgeholten Erklärungen lag das Publikum schon unterm Tisch. Es war zwar schon spät, aber er hat es nochmal mit seiner Nummer über die Hells Angels geschafft, das Publikum wach zu rütteln. Daumen hoch für Torsten Sträter!

    Das Publikum war schon völlig fertig. Weinend, lachend und erschöpft, als Juryvorsitzender Bodo Wartke auf die Bühne kam und die Laudatio für den diesjährigen Jurypreisträger hielt. Mit einer guten kompakten Beschreibung über sein Programm holte Bodo Wartke Sebastian Nitsch auf die Bühne. Der hielt eine schöne Dankesrede indem er sich auch bei allen Mitwirkenden im Hintergrund und im Vordergrund bedankte. Ein rührender Abend ging vorbei. 

    artb_610_PrixPantheon_Absch  

     

    Folgeauftritte der Prix-Nominierten im Pantheon:

    20.06.15 Sascha Korf Im Pantheon Casino

    27.08.15 Suchtpotenzial im Pantheon

    29.10.15 Friedemann Weise im Pantheon-Casino

    05.12.15 Sebastian Nitsch im Pantheon - Casino    

    Redaktion: Jenny Genzke    

          

    2015-06-30 | Nr. 87 | Weitere Artikel von: Jenny Genzke