Ute Wienkamp, Dagmar Witzel, Jens Haupt und Uwe Jakubczyk bilden seit 1998 das „Kasseler Organtheater“. Vier Menschen mit Standbeinen in diversen sozialen Berufen, verbunden durch ein Spielbein, die Leidenschaft fürs Kabarett. Ihr Thema: der Körper. Von der Wiege bis zur Bahre, von Kopf bis Fuß, von Krankenkasse bis Hartmannbund, von Gesundheitsreform bis Pharmaskandal – „Organtheater“ eben.
Auf Ärztekongressen sind sie der Top Act, doch auch der Brettlbühnen aufsuchende Kassenpatient liebt ihren kühnen Mix aus Insiderwissen und Kalauerfeuerwerk, Chanson (seit einigen Jahren begleitet vom Akkordeonisten Welf Kerner) und Slapstick, Comedy und Schmonzette. Ende März hatte ihr neues, ihr mittlerweile sechstes Programm „Begnadigte Körper“ im Theaterstübchen Premiere.
Das Quartett umkreist, in gewohnt gnadenloser Konsequenz, die Themen Jugendwahn, Körperdesign, den alltäglichen Horror vor dem Schwund der Attraktivität. Was alt ist, muss weg, handelt es sich auch um die greise Mutter. Wie gut, dass es den Verein „Die Alten behalten“ gibt, der, symmetrisch zur Babyklappe, die „Seniorenklappe“ anbietet. So ist das Ärgernis aus dem Haus und somit aus dem Blickfeld, aber doch nicht ganz aus der Welt geschafft. Natürlich darf, wo es um ewige Schönheit geht, die mittlerweile auch nicht mehr ganz taufrische Heidi Klum fehlen, die böse Hexe der Gegenwart, welche die ihr zugelaufenen Kinder nicht, wie im Grimm-Märchen, mästet, sondern im Gegenteil zum Hungern zwingt. Wenn solche Maßnahme noch nicht dem herrschenden Schönheitsideal angeschmiegte Ergebnisse zeitigt, dann, so die tröstliche Botschaft des Organtheaters, gibt es andere Formen körperlicher Begnadigungen. Die Schönheits-Op etwa, oder die Gesundheitsapp auf dem Smartphone. Und: Burnout, die Modekrankheit des Jahrzehnts, kann einfach wegpalavert werden. Wie das? Dazu muss man das Programm gesehen haben. Das Publikum im Theaterstübchen jubelte. Zu Recht.
Redaktion: Verena Joos
Bildnachweis: Programm "Organtief"
2014-04-05 | Nr. 82 | Weitere Artikel von: Verena Joos