Sabine Wackernagel lässt im Theaterstübchen, „Goethes dicke Hälfte“, lebendig werden.
Mit dem Christiane gewidmeten Gedicht „Ich ging im Walde so vor mich hin“ taucht Sabine Wackernagel tief in die Vergangenheit ein. Lässt aus ihm ihre Vulpius den Zauber des Anfangs entwickeln, von dem sie lange gezehrt hat, wenn der Liebhaber, später Gatte, auf Reisen oder mit Höherem, bisweilen auch Niederem beschäftigt war. Weist mit verhohlenem Stolz auf ihre Berufstätigkeit hin, die der Weimarer Society ein Dorn im Auge war. Erzählt, leise Empörung mit einem Gran Abgeklärtheit, von deren Sottisen und Anfeindungen, denen Goethe selten Einhalt bot. Gibt Einblick in den Haushalt am Frauenplan, ganz allein Frauensache! Und deutet, auch hier durch die Blume respektive Poesie, an, dass sie um die erotischen Eskapaden ihres Liebsten wusste. Doch Wehklagen in Briefen sei ihm verhasst gewesen, so habe sie es vermieden. Er sollte es gut mit ihr haben...
Wackernagels furioses Solo ist ein ungemein authentisch wirkendes Porträt einer lange Zeit verkannten Frau, die nicht nur ein großes Herz, sondern auch einen geschliffenen Verstand ihr eigen nannte. Man weiß nicht, was soll man mehr loben: die brillante Textfassung oder ihr anrührendes Spiel, das genau um den schmalen Grat zwischen Einfühlung und Gefühligkeit weiß. Großer Jubel für einen kostbaren Theaterabend.
Redaktion: Verena Joos