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    Gemeinsam für den tödlichen Scherz

    Kabarett erhebt bekanntlich mehr als andere Kunstformen den Anspruch, den Zeitgeist zu reflektieren. Im neuen Jahr kommt es dieser Aufgabe – zumindest im Rheinland – in vorbildlicher Weise nach. Denn die Zeichen der Zeit stehen bekanntlich auf große Koalition, und großkoalitionär und kooperationsfreudig wirkt so manches, was im neuen Jahr an Neuheiten auf den Kleinkunstfreund zukommt. Geradezu beispielhaft lässt sich dies an einer neuen Koalition von Kabarettisten und Kleinkunstbühnen aufzeigen, die mit einer „Schlachtplatte“ aufwartet. Diese Schleckerei ist der Leitbegriff für HG Butzko, Christian Ehring, Robert Griess und Wolfgang Nitschke, die ab sofort allmonatlich gemeinsam im Senftöpfchen, im Pantheon und im Düsseldorfer Kommödchen auftreten. Dabei wird Angela Merkels Bekenntnis „Ich will dienen“ von dem Quartett in der ihm eigenen Weise lustvoll aufgegriffen: „Wir wollen auch dienen! Und zwar dem tödlichen Scherz“, lautet das Bekenntnis der Herren, die ihr Dasein als kabarettistische Ich-AGs für je einen Abend pro Monat gegen eine Gruppenerfahrung der bösen Art eintauschen wollen. Als Chronist des allmonatlichen Zeitgeschehens versteht sich auch Matthias Tretter, und auch er ist Anfang des Jahres an gleich mehreren Kleinkunstbühnen im Raum Köln/Bonn präsent. In der Springmaus präsentiert er ab 30. Januar am jeweils letzten Montag im Monat sein Programm „Nachgetrettert“, das allmonatlich die tagespolitisch aktuelle Lage aufs Korn nimmt. Und da es Tretter offenbar nicht ausreicht, jeden Monat nur ein einziges Programm neu zu erfinden, tritt er außerdem im Eifelturm auf, wo er über „Deutschland, ein Gummibärchen“ sinniert.

    Ab Anfang Januar startet in Bonn dann die alljährliche Pink-Punk-Pantheon-Revue, seit jeher eine großkoalitionäre Veranstaltung rheinischer Kabarettgrößen, allen voran wie immer Rainer Pause als Fritz Litzmann und Norbert Alich als Hermann Schwaderlappen.

    Zum großkoalitionären Leitmotiv der Gegenwart – ungleiche Partner müssen sich zusammentun, damit jeder für sich ordentlich abzocken kann – passt der Inhalt des als welterstes a cappella Comedy-Musical apostrophierten Stücks „Der lange Weg nach Bad Abstinenzia“, mit dem die Femmes Fatales ab Anfang Januar im Stollwerck auftreten. Hier sind es vier höchst verschiedene Schwestern, die den von ihrer Mutter gegründeten Kurort Bad Abstinenzia nur dann erben können, wenn sie sich fortan gemeinsam von allen fleischlichen Lüsten verabschieden. Natürlich geht diese Rechnung nicht auf, aber die Zuschauer kommen auf ihre Kosten. Das gilt sicher auch für eine Kooperationsleistung der besonderen Art, die in der Comedia zu bestaunen ist: Meret Becker und Ars Vitalis treten hier eine Woche lang gemeinsam auf; der Programmtitel „Harmonie Desastres“ wird dabei mit Sicherheit Lügen gestraft. Auch der Kölner Schwulenchor Die Zauberflöten setzt auf Gemeinsamkeitsaktionen: Zur Köln-Premiere der Chorrevue „Tropical Jukebox“ – ebenfalls in der Comedia – hat man die Schola Cantorosa aus Hamburg eingeladen. Eine weitere Premiere, die von Sia Korthaus, hat zumindest einen sehr kooperationsfreudigen Titel: „Nimm 2! Mach 3!“ heißt das Programm, mit dem die Kölner Künstlerin unter der Regie von Anka Zink im Atelier-Theater auftritt. Eine erstaunliche Synergieleistung vollbringt – im Alleingang – auch Michi Kleiber. In seinem neuen Programm „Das Phantom des Stadions“ verbindet er das im Jahr der WM unumgängliche Fußballthema mit einem herausragenden Motiv des Horror- und Musikgenres. Wer wissen will, was es mit jenem flutlichtscheuen und altbierverätzten Halbwesen in den Katakomben des Kölner Rheinenergiestadions zu tun hat, der sollte ab 22. März den Kölner Eifelturm aufsuchen.

    War bisher immer nur von kleinkunstinternen Kooperationen die Rede, soll nun noch auf ein Zusammenspiel anderer Art hingewiesen werden. Mobile Dinnershows sind seit einigen Jahren auch in Deutschland fest etabliert – prominentestes Beispiel dürfte Eckart Witzigmanns „Parlazzo“ sein. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Kleinkunstbühnen nachziehen. Einen entsprechenden Vorstoß macht jetzt das Springmaus-Theater mit der Reihe „Tafelspitzen“, die von dem renommierten Küchenchef Jean Marie Dumaine kulinarisch betreut wird. Der vom Gault Millau als „Guru der Kräuterküche“ gepriesene Koch, der seit 25 Jahren das Restaurant „Vieux Sinzig“ am Rhein führt, ist dazu ausersehen, die auf der Bühne gebotenen, visuellen und akustischen Leckerbissen durch echte Gaumenfreuden zu ergänzen. Bei all dem bleibt zu hoffen, dass sich auch das Publikum kooperationsbereit zeigt und die vielfältigen Bemühungen um Gemeinsamkeit durch reichliches Kommen unterstützt. Aber bei dem vielgerühmten rheinischen Koalitionsgeist (andernorts „Klüngel“ genannt) dürfte das wohl kein Problem sein.

    Redaktion: Guido Bee


    Termine

    Atelier-Theater Köln:

    6.1.-Nimm 2! Mach 3!-Sia Korthaus

    Comedia Köln:

    13.1.-Tropical Jukebox“-Die Zauberflöten und Schola Cantorosa

    Eifelturm Köln:

    22.3.-Das Phantom des Stadions“ -Michi Kleiber

    Senftöpfchen Köln:

    23.1.-Schlachtplatte-Butzko/Ehring/Griess/Nitschke

    Stollwerck Köln:

    7.1.-Der lange Weg nach Bad Abstinenzia“-Femmes Fatales

    Pantheon Bonn:

    6.1.-Pink Punk Pantheon“

    Springmaus-Theater Bonn:

    30.1.-Nachgetrettert-Matthias Tretter

    2005-12-15 | Nr. 49 | Weitere Artikel von: Guido Bee