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    … und wir wussten auch nicht, was wir da taten


    Zehn Jahre Duo Christiane Weber–Timm Beckmann und jede Menge Spaßmusik

    Geboren 1975 in Essen. Erstes Zusammentreffen 1997. Erstes gemeinsames Programm „himmelhochjauchzend zu Tode verliebt“ im Jahr 1998.

    Das bisher Geschriebene trifft für beide zu, für Christiane Weber und Timm Beckmann, die seit 1998 als Duo Weber-Beckmann Stufe um Stufe die Karriereleiter erklimmen. Ihr Tourkalender weist mittlerweile kaum noch Lücken auf. Neben vielen anderen Preisen haben sie mit dem aktuellen Programm „du mich auch!“ 2007 in der Sparte Chanson/Lied/Musik den Deutschen Kleinkunstpreis erhalten. In der Laudatio heißt es dazu: „Damit zeichnet die Jury ein Traumpaar der Extraklasse aus – verbunden im Grenzen auslotenden Spiel aus Streit und Zuneigung. Christiane Webers außergewöhnliche Textideen und die brillanten Kompositionen von Timm Beckmann sind die Grundlage für eine humorvolle, aber manchmal auch melancholische Beziehungsshow. Dabei beeindrucken und begeistern die expressive Stimme der Sängerin und das exzellente Können des Pianisten.“ Wahrhaft meisterlich verpacken die beiden Texte über liebevolle Skurrilitäten und über die Skurrilität der Liebe in wunderbare Melodien und zu Herzen gehende Harmonien. Abgelöst werden jene Songs von denen, die über Alltagsabsurditäten die Zuschauer an die Grenzen des Vorstellbaren bringen. Dann wieder streiten Beckmann und Weber sich über irgendetwas, das nicht der Rede wert ist und somit zum Großereignis wird. Und manchmal bleibt einem das Lachen dann im Hals stecken. Grund genug, einmal persönlich mit den beiden Künstlern zu reden. Das habe ich getan. Hier das Gespräch:

    BW: Hallo Christiane, hallo Timm. Seinerzeit war ich hin und weg von eurer Version des „Aschenbrödel“ und bin jetzt wieder begeistert von der Neuauflage in „Alpentraum“. Wer von euch beiden schreibt denn die Texte?“

    Christiane: Die Texte, die ich singe, kommen alle von mir. Die Texte, die Timm singt, kommen von Timm.

    BW: In euren ersten Programmen war Timm mehr der Pianist und Begleiter. Eure Programme sind jetzt ausgewogener.

    Christiane: Ja, das stimmt. Das hat sich allerdings auch sukzessive seit unserem ersten Programm so entwickelt.

    BW: Seit ihr jetzt wirklich „Musik-Kabarettisten“?

    Christiane: Am Anfang hätte ich das auch eher als Chanson bezeichnet, aber jetzt kommen wir ja wohl aus der Musikkabarettnummer nicht mehr raus. (lacht)

    BW: Seit dem Kleinkunstpreis im letzten Jahr sowieso nicht mehr – und auch nach all den anderen Preisen nicht. (Timm lacht) Was ist los, Timm?

    Timm: Ich hab nur gelacht wegen all der Preise, die wir gewonnen haben. Aber es sind wirklich schon einige. Aber jetzt mal zurück: Wir hatten ja auch mal eine Zeit, wo wir das, was wir gemacht haben, Chansonkabarett genannt haben. Das haben wir dann aber schnell verworfen, weil Musikkabarett die Sache besser beschreibt.

    BW: Wie entstehen eure Dialoge, wie spontan ist das, was auf der Bühne zwischen euch in den Gesprächen abgeht?

    Christiane: Zunächst mal hat einer von uns eine Idee, und dann setzen wir die Idee so um, dass sie für uns beide passend ist. Spontan passiert da weniger was auf der Bühne. Hat den Vorteil, dass es dann auch keine Toten gibt!

    Timm: Die Dialoge sind halt Kompromisse, und meistens klappen die dann auch!

    BW: Die klappen hervorragend. Und das Publikum reagiert ja auch dementsprechend. Etwa da, wo du den Song abbrichst, weil du angeblich „musst“. Das glauben die Zuschauer dir.

    Christiane (lachend): Das ist mir auch eine große Belastung, dass die Leute das wirklich glauben. Die Szene ist aber nun mit Timm abgesprochen. Mittlerweile gibt es im Programm aber auch viele Kleinigkeiten, die passiert sind während der Aufführungen und die wir aufgreifen.

    Timm: Es ist ja vollkommen normal, dass ein Programm sich nach der Premiere weiterentwickelt und ändert. Es schleichen sich halt Sachen ein, die gut oder auch weniger gut sind und halt drin bleiben. Und es war eben auch viel Arbeit, gerade für die Dialoge die Themen zu finden, über die man gut reden kann. Und die man spielen kann. Gerade da muss man halt sich selbst „rausbringen“, um glaubwürdig zu sein. Und in „du mich auch“ ist das wohl auch gelungen. Die Leute nehmen uns das ab.

    Christiane: Das haben wir aber über die Jahre trainiert, und selbst, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, weiß man, dass der andere mitzieht.

    Timm: Bernhard, weißt du eigentlich, das wir in diesem Jahr schon unser zehnjähriges Bühnenjubiläum feiern?

    BW: Natürlich, wie hätte ich das auch vergessen können. Bei Wikipedia steht: „Christiane Weber und Timm Beckmann lernten sich 1997 kennen und traten 1998 mit ihrem ersten Programm auf.“ Da muss doch damals was passiert sein?

    Christiane: Na, wir haben halt viel geprobt! (lacht)

    BW: Euer erstes Programm bestand vor allem aus Cover-Versionen von Jazz und Chanson.

    Christiane: Wir wussten ja damals auch noch nicht, dass wir das eines Tages beruflich machen würden, und wir wussten auch nicht, was wir da taten. Wir hatten beide Musik gemacht in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Aber beide noch nie deutsche Sachen, Kabarett, Chanson oder so als abendfüllendes Programm. Und wir sind sehr froh, dass es sich so gut entwickelt hat.

    BW: Es hat sich wirklich bis heute sehr gut entwickelt, vor allem zur Freude eurer Zuschauer. Was bringt denn die nächste Zukunft?

    Christiane: Im September 2008 erscheint unsere DVD zu „du mich auch“. Das werden wir auch noch weiter spielen. Ich denke, dass Anfang 2010 dann unser neues Programm kommt, an dem wir natürlich jetzt schon arbeiten. Im August kommt noch eine kleine Platte mit radiotauglichen Popnummern auf den Markt. Wir hatten Bock drauf, mal was mit einer Band einzuspielen. Und die Nummern wollen wir dann natürlich ins Radio bringen. Das berührt aber nicht unsere Kabarettsache. Das eine ist das Musikkabarett, das andere heißt „Weber-Beckmann-plus“.

    BW: Na, dann viel Glück, und besten Dank für das Gespräch.

    Allen denjenigen von euch, die noch mehr Spaß mit Musik und Spaßmusik wollen, möchte ich hier noch zwei Bands empfehlen. Beide haben bereits beim Eurovision Song Contest 2005 mitgemacht. Eine davon namens Global Kryner ist für Österreich gestartet und leider schon im Halbfinale ausgeschieden. Das aber hat der Karriere keinen Abbruch getan. Was Global Kryner auf die Bühne bringt, ist allein schon von der Idee her irrwitzig: Seit 2004 kreuzt die Band Welthits mit dem Oberkrainersound und erntet dafür wahre Jubelstürme. Bezeichnungen wie „Oberkrainer-Schmuggel“ oder „Karawankenbeat“ beschreiben nicht annähernd das, was bei der Performance an Energie ins Universum geschickt wird.

    Die Global Kryner verbinden dabei wie selbstverständlich Klänge glückseliger Beschwingtheit mit kunstvoll umgesetzter Ironie zu einer Mixtur, die nicht nur unter die Haut geht, sondern vor allem auch in die Beine. Da gibt es dann auch kein Halten mehr, wenn bei „Private Dancer“ oder „Sexbomb“ die Lederhosenromantik am Boden liegt und Musik zum Antidepressivum oder gar zum Demenzblocker wird. Mitreißend gut wie auch mitreißende komisch. Virtuoser als Global Kryner hat lange niemand mehr daran erinnert, dass auf dem steinigen Weg nach Übermorgen noch ein paar Stunden Heute übrig sind.

    Die Band Zdob Si Zdub aus Moldawien ist beim Song Contest 2005 locker in der Endausscheidung auf Platz 5 marschiert. Damals ein Riesenerfolg und, ebenso wie bei Global Kryner, ein Meilenstein auf dem Karriereweg nach oben.

    Zdob Si Zdub heißt auf Deutsch: „auf die Pauke hauen“. 2005 hat das die Oma gemacht. Und danach gingen Grüße an alle Omas um die Welt, die in der Lage und willens waren, endlich mal auf die Pauke zu hauen. Und das ist das Motto dieser quirligen Band geblieben. Mittlerweile haben Zdob Si Zdub mit Größen wie den Red Hot Chili Peppers, Biohazard, Rollins Band und Rage Against The Machine zusammengespielt.

    Bereits 1994 nahmen Zdob Si Zdub die erste professionelle Demo auf, mit der sie auf Anhieb die Sympathien der jungen Moskauer ernteten. Alle nationalen Radiosender strahlten danach den Song „Hardcore Moldovenesc“ aus, der daraufhin zur Hymne der alternativen Jugend in Moldawien wurde und es bis heute geblieben ist.

    Seit 1998 ist die Band regelmäßig auf Tour gewesen. Für ihre Musik verwendet sie immer wieder auch traditionelle Instrumente wie Hackbrett oder Flöte. 2004 gewann sie als „bester Ethno-Akt“ in Rumänien ihre fünfte MTV-Trophäe und erklomm mit „450 Sheep“ einen verdienten 12. Platz in den World Music Charts. Im November 2004 schließlich begann man, die gesamten kreativen Energien auf den Eurovision Song Contest zu fokussieren. Der Erfolg machte die Band dann weltberühmt. Heute ist sie bei allen großen Festivals dabei und Titel wie „Everybody in the casa mare“ oder der Contest-Hit „Boonika bate doba“ drehen sich rund um die Uhr und rund um den Globus auf den Plattentellern. Vor allem aber die unglaublichen Liveacts von Zdob Si Zdub bleiben unvergessen.

    Das war’s für heute.

    Bis demnäx.

    Euer Bernhard Wibben

    2008-09-15 | Nr. 60 | Weitere Artikel von: Bernhard Wibben