Tierisch gut kam das Programm des GOP Varieté Essen an. Helmut Sanftenschneider moderierte und musizierte feinsinnig und intelligent und lieferte den roten Faden im Programm. Frank Rossi ließ reden, nämlich seine komischen Vögel und Tiere. Der Ventriloquist fesselte die Zuschauer mit den Stimmen seiner kunstvoll und schnell hergestellten Partner. Der erst 18-jährige Jongleur David Confal rotierte mit scheinbarer Leichtigkeit seine Diabolos vertikal und horizontal. Teuflisch schnell und gut setzte er bis zu vier davon in Bewegung. Alexander Veligosha, seines Zeichens Handstand-Äquilibrist, balancierte mystisch und kraftvoll scheinbar schwerelos auf den Stangen. Sein Körper verzauberte mit außergewöhnlichen Figurationen. Das Duo Blind Date verband auf geniale Art und Weise Artistik mit Comedy. Die Herren-Dompteuse ließ den Mann strammstehen, auch wenn es sich dabei um einen wackligen Rola-Rola-Turm handelte. Lena Gutschank entführte in eine Traumwelt, in der ein Mädchen vom Mond fasziniert wird. Grazil und virtuos zugleich ihre Bodenakrobatik-Darbietung und ebenso im Luftring. Alla Klyshta brachte Schwung und Elan auf die Bühne mit ihrer Hula-Hoop-Darbietung. Wie einen mitreißenden Tornado ließ sie ihre Reifen um sich kreisen, voller Energie und Temperament. Die Zebras mit ihren eigenwilligen Kostümen sind zweifelsohne eine der besten Akrobatengruppe aus Moskau. Menschliche Pyramiden und spektakuläre Sprünge versetzten die Zuschauer ins Staunen. Im großen Finale wurde dann noch einmal allen Artisten ein Dankeschön gezollt.
Walli-Fix und die Gallier schlugen ihre Zelte im Varieté et cetera in Bochum auf. Putzfrau Waltraud Ehlert (Esther Münch) katapultierte sich und die Artisten in die Zeit der Römer und Gallier. Los Gauchos ließen in ihrer Bola-Show die Trommeln erklingen und legten eine heiße Sohle aufs Parkett. An den römischen Ringen zeigte Elisa ihre kraftvollen Einlagen mit geballter Frauenpower. Dynamisch und körperbetont ging es bei der Partnerakrobatik des Duos Synergy zu. Zauberer Jorgos Katsaros betrachtete alle durch seine magische Lupe und ließ die Dinge schrumpfen oder größer werden. Hoch hinaus ging es mit dem Duo E-Motion am Vertikaltuch, das als Liebespaar mit Kraft und Eleganz turtelte. Caroline Hammer schwang die Reifen mit Tempo und Esprit um ihren Körper, sodass ganzen Römerlegionen schon vom Zuschauen schwindelig wurde. Im Finale hieß es dann: schön war’s in Gallien.
Zum Schluss ein Wort in eigener Sache: Zum letzten Mal erscheint die Fachzeitschrift Trottoir und damit auch zum letzten Mal die Rubrik Varieté. Seit ich diese Rubrik 1997 vorgeschlagen habe, hat es mich sehr gefreut, über diese Kunstform und ihre Protagonisten berichten zu dürfen. Ich bin bei den Einladungen zu Premieren vielen Künstlerkollegen und Artisten in ganz Europa begegnet und habe oftmals über sie und ihre Programme berichtet. Allen gilt mein Dank für ihre Unterstützung und Bereitschaft, mir aus ihrem Leben etwas Interessantes erzählt zu haben. Es war und ist immer wieder eine Bereicherung, Menschen zu treffen, die anderen durch ihr Können und ihre Kunst Freude bereiten. In diesem Sinne darf ich unseren Künstlern alles Gute wünschen und den Machern des Trottoir viel Freude beim Aufbruch zu neuen Ufern.
Redaktion: Hartmut Höltgen-Calvero
2010-06-15 | Nr. 67 | Weitere Artikel von: Hartmut Höltgen-Calvero